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Tim Zeller
Tim Zeller (@_tice) ist 29 Jahre alt und wohnt in der schönen Pfalz. Als Tierpfleger arbeitet er bei TierArt e.V., wo er seinem Beruf mit großer Leidenschaft nachgeht. Eine weitere seiner Leidenschaften sind Tattoos. Wie sich seine beiden Leidenschaften miteinander vertragen und welche Erfahrungen Tim gemacht hat, erfahrt ihr heute hier!
Hey Tim! Erstmal die klassische Einstiegsfrage: Wie hat das mit dem Thema Tattoos bei dir angefangen?
Mein erstes Tattoo waren drei Sterne auf der Wade. Ich war 19 oder 20 Jahre alt und wollte, glaube ich, einfach auffallen. Kurz darauf hab ich mir Blumen auf die Schulter und das Logo der Rebellenallianz aus Star Wars auf den linken Unterarm stechen lassen. Leider waren das eher spontane Aktionen, bei eher preiswerteren Tätowierern. Dementsprechend sind diese leider auch nicht so schön geworden.
Mit etwa 24 hab ich dann Emrah vom Lausbub Tattoo Kollektiv kennengelernt. Einen Stil, wie den von Emrah, habe ich bis dahin noch nie gesehen. Das endete in einem sehr sehr bunten Arm mit vielen Tieren. Momentan wird auch noch mein linker Arm verschönert.
Oh ja, Emrahs Arbeiten sind wirklich was Besonderes! Welche Künstler trägst du denn noch so unter der Haut?
Wie gesagt waren die ersten drei sehr spontan. An die Namen der Tätowierer erinnere ich mich nicht mal mehr. Meinen rechten Arm hat der bereits erwähnte Emrah gestochen. An meinem linken Arm arbeite ich momentan mit Marcus Giuliano Stolz, der ebenfalls beim Lausbub Tattoo Kollektiv gastiert.
Von deinen ersten Tattoos sprichst du nicht wirklich begeistert. Bereust du denn eins?
Bereuen ist das falsche Wort. Selbst die nicht ganz so gelungenen Tattoos sind ein Teil von mir. Das Einzige, was ich bereue, ist meine Ungeduld und dass ich am falschen Ende sparen wollte. Eins meiner weniger schönen, das Star Wars Tattoo, ist meinem neuen Sleeve zum Opfer gefallen und wurde überstochen.
Mittlerweile ist für mich das A und O, dass ich dem Künstler blind vertrauen kann. Emrah oder Marcus sage ich mittlerweile einfach nur noch grob, was ich möchte und lass sie dann einfach machen. Da ist dieses Vertrauen einfach da. Sowieso ist es total angenehm ins Lausbub Tattoo Kollektiv zu kommen. Da sind alle interessiert, auch an einem selbst als Person.
Also einen Arm hast du komplett voll, der andere ist in der Mache: Damit bist du ja doch schon eher auffällig tätowiert. Wie reagiert dein Umfeld darauf?
Puhhh, schwieriges Thema. Meine Mama war enttäuscht und traurig. Die erste Aussage war: „Oh Gott, du bist doch kein Seefahrer!“. Meine restliche Familie war auch zum Großteil wenig begeistert. Wobei da der erste Schreck wohl viel verursacht hat. Mittlerweile ist das für meine Familie völlig in Ordnung.
Harte Worte, aber den Schock haben sie dann ja zum Glück verarbeiten können :) Wie sieht’s denn in deinem Freundeskreis aus?
Mein Freundeskreis ist da sehr geteilt. Viele stark Tätowierte, aber eben auch viele völlig Farblose. Glücklicherweise habe ich tolle Freunde, denen es völlig Wurst ist, wie ich aussehe oder rumrenne. Im Gegenteil: da bekomme ich viel Zuspruch.
Deine Freunde sind da also ganz gelassen. Wie reagieren denn Fremde auf dich? Wirst du häufig mit Vorurteile konfrontiert?
Vorurteile nerven immer. Ich meine, ich habe ziemlich dunkle Haare sowie Haut und bin auch noch so stark tätowiert. Das merke ich ab und zu im Alltag. Vorallem bei Polizeikontrollen :D. Die Leute schauen halt und reden. Oft kommt auch die Frage, ob ich so bunt bin, weil ich Tierpfleger sei – dies scheinen wohl Leute gern zu assoziieren.
Und wie reagierst du auf sowas?
Ich bin da ziemlich trotzig, glaube ich. Ich versuche eben mit meiner Art und beruflichen Fähigkeiten zu überzeugen. Man muss den Leuten einfach zeigen, dass trotz des Aussehens und des sehr eigenen Jobs ein netter, kompetenter und schlauer Kerl hinter der Optik steckt.
Tierpfleger klingt für uns schon mal nach einem super sympathischen Beruf. Davon wollen wir jetzt mal mehr hören! Wieso bist du Tierpfleger geworden?
Schicksal? Bestimmung? Wer weiß. Ich hab mein Leben lang mit Tieren gearbeitet. Als Kind mit Pferden und so typischen Bauernhoftieren. Später mit 16-17 habe ich mich für Gottesanbeterinnen, Schlangen und andere Exoten interessiert. Katzen und Hunde hatte meine Familie sowieso immer.
Ich denke, es sollte so kommen. Davor hab ich auch noch viel anderes gemacht: Gastronomie, Fachabitur, Studium. Nichts davon hat mich so wirklich erfüllt. Mit 25 hab ich dann mein Studium geschmissen und mich als Tierpfleger beworben. Und seither… weiß nicht, wie ich das ausdrücken soll, bin ich auf jeden Fall sehr glücklich und beruflich zu Hause angekommen.
Hach, das klingt doch schön. Wo arbeitest du denn genau?
Ich arbeite bei TierArt. TierArt ist eine Tier- und Artenschutzstation in der Pfalz. Auf der einen Seite versuchen wir einheimische Wildtiere, die verletzt oder in jungen Jahren verwaist aufgefunden werden, aufzupäppeln und wieder auszuwildern. Quasi von Igel über Fuchs, einfach alles. Auf der anderen Seite nehmen wir Tiere auf, die aus schlechten Verhältnissen kommen. Diesen versuchen wir ein schönes Restleben zu ermöglichen. Dazu gehören zum Beispiel eine etwas größere Schafsherde sowie vier Tiger.
Die Tiger sind so unser Aushängeschild. Die Geschwister Bela und Sharuk wurden von einem Privatmann in BaWü mehr oder minder im Garten gehalten und beschlagnahmt. Cara wurde in Neapel bei einer Razzia bei einem Mafiosi gefunden, wohl zu Prestigezwecken. Das neuste Mitglied ist die 14-jährige Varvara. Diese lebte 12 Jahre lang in einem Zirkus und nun ziert ihr Geschichte meinen linken Arm.
Was ihr da macht, klingt wirklich nach einer ganz wundervollen Sache! Was war denn bis jetzt dein tollstes Erlebnis im Job?
Puh, das tollste Erlebnis ist echt schwierig. Eins meiner zwei Highlights 2017 war aber auf jeden Fall die Handaufzucht von zwei jungen Rotfüchsen. Die zwei wurden ohne Mama aufgefunden und ihre restlichen Geschwister waren schon alle tot. 24 Stunden am Tag musste ich die Kleinen betreuen, alle zwei Stunden die Flasche geben und so weiter. War anstrengend, aber sehr schön.
Mein zweites Highlight ist definitiv Varvara – eine 14-jährige Tigerdame. Varvara tourte 12 Jahre lang mit dem Zirkus durch die Welt. Bulgarien beschloss zu der Zeit ziemlich ruckartig ein Verbot von Wildtieren im Zirkus. Tolle Sache, nur Varvara war dann arbeitslos und wurde zurückgelassen. Als ich Varvara kennengelernt habe, war sie ziemlich fertig: extremer Parasitenbefall und körperliche Schäden durch falsche Fütterung. Kurzzeitig hat’s auch nicht so gut für sie ausgesehen, aber wir haben Varvara wieder super hinbekommen. Das war in meiner Anfangszeit bei TierArt und irgendwie hat mich das geprägt. Deshalb auch das Tattoo von ihr auf meinem linken Arm.Musstest du denn in deinem Job aufgrund deiner Tattoos mal negative Erfahrungen machen?
Als ich noch in der Gastronomie gearbeitet habe, wollte ein Gast von mir nicht bedient werden – aufgrund der Tattoos. In meinem jetzigen Job mache ich unter anderem viele Führungen mit Kindern. Die finden das meistens toll. Von erwachsenen Gästen kam aber bisher auch nie negatives Feedback aufgrund meiner Optik. Ach, die meisten meiner Kollegen sind übrigens auch tätowiert. Mal mehr und mal weniger, aber ein Problem war das nie. Übrigens auch nicht beim Bewerbungsgespräch.
Das klingt nach einem wirklich tollen Arbeitgeber! Wo findet man euch und wie kann man euch unterstützen?
Also vorab kann man uns natürlich auf Facebook folgen: facebook.com/tierart.de – da gibt’s dann immer Infos und Neuigkeiten. Über Besucher freuen wir uns selbstverständlich auch. Ab Karfreitag finden an Wochenenden sowie Feiertags Führungen statt. Zudem freuen wir uns natürlich auch über Sachspenden oder finanzielle Unterstützung.
Super, wir hoffen wir konnten den ein oder anderen Leser für euch begeistern! Wir planen auf jeden Fall schon unseren Besuch :) Vielen Dank für deine Zeit und den schönen Einblick in deine Arbeit.
Ich danke auch. Hat mich sehr gefreut!