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Susanna Paul
Susanna Paul (@_susannapaul), Jahrgang 1993, ist Modeillustratorin und erlernt momentan das Handwerk des Tätowierens. Seit September 2017 ist die Kunstsammlerin Tattoo Apprentice in einem Studio der „Tattoo-Family Eisenhauer“ und erzählt uns heute ein bisschen von ihren Ansichten und Erfahrungen rund ums Thema Tattoo.
Hey, Susanna! Du hast ja mittlerweile schon einige Tätowierungen sammeln können. Wie hat das Ganze denn bei dir angefangen?
Ich war gerade 18. Voller Vorfreude bin ich noch vor meinem Geburtstag ins Studio gegangen und habe einen Termin ausgemacht, wobei ich den am liebsten sogar direkt am Tag meines 18. Geburtstag gehabt hätte. Heute würde ich mir das Tattoo so zwar nicht nochmal stechen lassen, aber trotzdem hänge ich sehr daran – einfach weil es etwas so Besonderes für mich war.
So geht’s wohl vielen mit ihrem ersten Tattoo! Wie lief es bei deinen anderen Tattoos ab? Wurdest du vielleicht schon mal außerhalb eines Studios tätowiert?
Tatsächlich wurde ich letztes Jahr auf der Tattoomenta in Kassel sehr spontan tätowiert. Es sind natürlich ganz andere Bedingungen für Kunden und Tätowierer. Es ist super ungewohnt dort zu sitzen und von allen angestarrt zu werden – was für manche sicher auch sehr unangenehm ist. Ich fand, dass es eine interessante Erfahrung war, ziehe aber trotzdem die ruhige Atmosphäre im Studio vor.
Verständlich! Apropos Conventions: Dort sind ja häufig auch Tätowierer von weiter weg zu Gast. Würdest du für ein Tattoo denn auch eine weitere Anreise in Kauf nehmen?
Ich würde für eine Tätowierung von einem Tätowierer, von dem ich unglaublich gerne etwas gestochen haben möchte, jeden Weg zurück legen. Das wäre mir die Tätowierung auf jeden Fall wert.
Gute Einstellung! Kommen wir mal zu einem Thema, bei dem sich die Meinungen spalten: Partnertattoos – was hältst du davon?
Tatsächlich finde ich sie gut. Ich finde es überhaupt nicht verwerflich, sich ein Partnertattoo oder auch Freundschaftstattoo stechen zu lassen. Selbst wenn dieser Mensch nur einen kurzen Abschnitt des eigenen Lebens begleiten sollte (warum auch immer), war er Teil des Lebens und hat einen geprägt – egal ob positiv oder negativ. Genauso finde ich es nicht schlimm, sich den Namen des Partners tätowieren zu lassen. Immerhin ist das auch eine total klassische Form der Tätowierung.
Zudem habe ich auch eine Freundschaftstätowierung mit meiner besten Freundin und ich bin sehr glücklich darüber, etwas auf meinem Körper zu haben, was mich immer an sie erinnert.
Und wie reagiert dein direktes Umfeld auf deine Tätowierungen?
Gerade am Anfang hatte ich sehr mit der negativen Einstellung meines Vaters Tätowierungen gegenüber zu kämpfen. Das hat uns viele Streitereien beschert in der Vergangenheit. Mittlerweile akzeptiert er meine Körperkunst aber, wenn auch nicht ganz freiwillig, haha. Ansonsten, wenn ich so drüber nachdenke, sind in meinem Umfeld fast alle tätowiert. Natürlich reicht die Spanne da von einem kleinen Schriftzug oder einem kleinen Motiv bis hin zu „der Platz wird langsam knapp“. Aber alles in allem haben die meisten schon einiges angesammelt, deswegen ist die Akzeptanz da natürlich mehr als gegeben. Wenn man mit mehreren stärker Tätowierten unterwegs ist, merkt man aber tatsächlich schon manchmal, dass man von Außenstehenden mehr gemustert wird.
Nun hast du dich ja dazu entschieden, selbst Tätowiererin zu werden und bist gerade in der Ausbildung. Warum hast du dich für diesen Job entschieden?
Seitdem ich angefangen habe mich mit dem Thema Tätowierungen auseinanderzusetzen, war es immer ein Beruf, den ich total interessant fand. Ein Beruf in dem ich mir mich vorstellen konnte und den ich von Anfang an gerne lernen wollte. Trotzdem hat mein Leben mich erst noch in eine andere Richtung getrieben, was mir aber letztendlich nur geholfen hat.
Das stimmt wohl, als gelernte Modeillustratorin hast du das Künstlerische ja schon mal ganz gut drauf! Kommen wir mal mehr zum Handwerk: Wie war es, das erste Mal jemanden zu tätowieren?
Ich habe im September 2017 mein erstes Tattoo auf meiner besten Freundin gestochen. Seitdem tätowiere ich regelmäßig jede Woche. Es ist definitiv ein gemischtes Gefühl gewesen. Natürlich ist man sehr aufgeregt und dazu kommt noch der Gedanke, dass man gleich einem Menschen weh tut und natürlich möchte man nichts falsch machen. Aber es ist auch ein unbeschreiblich gutes Gefühl, die erste fertige Tätowierung, die man selbst gestochen hat, zu sehen.
Oh ja, das glauben wir dir! Mittlerweile bist du knapp ein Jahr als Tattoo Apprentice und hast sicher schon einiges an Erfahrung gesammelt. Was würdest du anderen raten, die auch gerne Tätowierer/in werden wollen?
Ich rate ihnen auf jeden Fall, dass es durch und durch ihre Leidenschaft sein sollte. Denn man investiert unglaublich viel Liebe, Energie und Zeit in diesen Beruf und muss dafür einfach mit vollem Herzblut dabei sein. Entweder ganz oder gar nicht!
Das klingt ganz wunderbar! Freut uns, dass du deine Leidenschaft so mit deinem Beruf vereinen kannst! Zum Abschluss würden wir gerne noch das Thema Vorurteile ansprechen: Tätowierte Personen werden ja leider immer noch häufig mit solchen konfrontiert. Wie ist deine Meinung dazu und was nervt dich besonders?
Naja, also am meisten nervt mich immer noch, dass so viele Menschen denken, Tätowierungen gäben Aufschluss über Intelligenz, Können, Charakterzüge usw. Auch, dass in vielen Berufen Tätowierungen immer noch versteckt werden müssen oder sogar verboten sind, finde ich katastrophal. Ich denke, wir leben mittlerweile in einer Zeit, in der klar sein sollte, dass Tätowierungen keinerlei Auskunft über jemanden geben – außer eben, dass er Tätowierungen schön findet.
So wahr – und ein gutes Statement zum Abschluss! Danke, dass du dir die Zeit genommen hast und viel Erfolg bei deinem Weg zur Tätowiererin!
Na klar, gerne und danke euch!
Susanna trägt Kunstwerke aus dem Studio Tattoo-Family Eisenhauer und von Edgar Lanz von den Halunken in Bielefeld.