Carmen Kerwer

Kunstsammlerin Carmen Kerwer

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Mit ihren 23 Jahren hat Carmen Kerwer (@carmencorner) aus der Nähe von Koblenz schon einiges erreicht. Neben ihren zwei Kindern und dem Dasein als Mutter stemmt sie außerdem noch gemeinsam mit ihrem Mann das Tattoo-Studio „Solid Heart Tattoo“. Doch das ist für Carmen noch nicht genug, denn zusätzlich entschied sie sich auch noch dazu, das Tätowieren zu lernen. Seit mehr als einem halben Jahr ist sie nun dabei und hat auch schon ein paar Motive stechen können. Wie sie das alles unter einen Hut bekommt und was für Erfahrungen sie als selbstständige, tätowierte, junge Mutter so macht, erzählt sie euch hier.

Kunstsammlerin Carmen Kerwer
Carmen Kerwer
Hey Carmen, wie fing es eigentlich für dich mit dem Thema Tattoos an? Was hat dein Interesse geweckt und welches war dein erstes Tattoo?

Ich fand Menschen mit Tattoos schon immer irgendwie cool, als ich jünger war. Mit 18 hab ich aber erstmal nur mit Piercings gestartet. Als meine Piercerin mich dann jedoch auf einen guten Tätowierer hingewiesen hat, wollte ich auch endlich mein erstes Tattoo haben: ein Sternzeichen auf dem Rücken. Demnächst werde ich es wahrscheinlich covern lassen und das Motiv lieber wo anders neu platzieren, da es so eine gute Stelle für ein großes Tattoo verbaut. Und so habe ich dann übrigens auch meinen jetzigen Mann kennengelernt – er hat mich damals tätowiert.

Als junge Mutter bekommt man auf der Straße ja immer noch ab und zu doofe Blicke oder sogar Kommentare. Nun bist du mit deinen 23 Jahren bereits zweifache Mutter – und tätowiert. Hast du in der Öffentlichkeit deshalb auch schon mal etwas Unangenehmes erleben müssen?

Viele glauben, dass ich nur die Schwester oder die Nanny sei. Denn es ist nicht nur so, dass ich jung bin, sondern zusätzlich auch noch jünger aussehe. Selbst tätowiert und mit zwei Kindern an der Hand werde ich trotzdem bei allem nach meinem Ausweis gefragt.

Kunstsammlerin Carmen Kerwer
Carmens Arme sind geschmückt mit Old School Motiven verschiedener Tattoo Artists! / Shrimp: Don Rique Corner / Vogel: Jeroen van Dijk / Frosch: Dennis Bebenroth

Wenn Leute nachfragen und ich sage, dass es meine Kinder sind, kommt oft ein verwirrter Blick. Noch schlimmer ist es aber, wenn eines meiner Kinder einen kleinen Trotzanfall im Supermarkt hat. Da kam schon oft sowas wie: „Guck mal, wie die Tätowierten ihre Kinder erziehen.“ Ja ja, wir Tätowierten – wir hören übrigens alles, haha. Was ganz normal bei anderen Müttern erscheint, wird bei Tätowierten doppelt so stark gewertet. Egal, ob positiv oder negativ.

Wie sieht es mit den Müttern in deinem Umfeld aus? Sind dort viele tätowiert oder bist du eine der wenigen?

Im Kindergarten bin ich tatsächlich die einzige Mutter mit Tätowierungen. Alle anderen sind knapp doppelt so alt wie ich und finden Tattoos anscheinend nicht so dolle. Ist ja auch völlig in Ordnung. Was ich nur sehr schade finde, ist, dass sie auch ihren Kindern eine sehr falsche Sicht der Dinge darüber weitergeben. Meine Tochter findet es zum Beispiel klasse, sich Klebetattoos draufzumachen – „wie Mama und Papa“. Wahnsinnig schade finde ich es dann, wenn ich sie abhole und sie mir traurig erzählt, dass die Kinder gesagt hätten, wie doof das aussieht. Sie will es dann nur noch abmachen. Was mich wiederum freut, ist, dass der Großteil der Erzieher tätowiert ist – teils sogar großflächig.

Kunstsammlerin Carmen Kerwer
Diese Tulpe in ihrem Gesicht ist eines von Carmens liebsten Tattoos! / Tätowierer: Jeroen van Dijk
Du hast uns im Vorfeld erzählt, dass du gemeinsam mit deinem Mann ein Tattoostudio leitest. Wie sieht dein Alltag dort aus und wie schafft ihr es Beruf und Familie unter einen Hut zu kriegen?

Ab und zu frage ich mich das sogar selbst. Wenn unsere große Tochter morgens in den Kindergarten geht, bereiten mein Mann und ich alle Kundenmotive für den Tag vor. Manchmal sind es zwei, manchmal aber auch acht. Unsere Kleine malt dann meistens mit. Wir fangen um 12 Uhr mit Terminen an, bei denen ich meistens übersetzen muss, da mein Mann nur Englisch spricht. Meistens eben mit kleinem Kind auf dem Arm. Zwischendrin muss dann die Große abgeholt, Essen gekocht, Haushalt geschmissen, Kinder beschäftigt und wieder übersetzt werden.

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Hier seht ihr ein Alpaka und einen Kaktus – zwei der Tattoos, die Carmen bisher tätowieren konnte. Wir freuen uns auf mehr!

Gerne möchte ich auch mehr selbst tätowieren, aber das geht wahrscheinlich erst Vollzeit, wenn beide im Kindergarten sind. Ich lese von Müttern, die alles strikt nach Zeitplan machen und frage mich da nur, ob die wirklich Kleinkinder haben oder sich die nur ausdenken. Da kann doch nie alles immer nach Plan laufen! Abends fallen wir meistens alle gemeinsam todmüde, aber glücklich ins Bett. Wir verbringen 90 % des Tages als Familie zusammen und das ist was uns am Wichtigsten ist.

Was war das schönste Erlebnis, das du aufgrund deiner Tattoos gemacht hast?

Eins meiner schönsten Erlebnisse war, als ich mir meine beiden Hände tätowieren lassen habe. Circa zwei Wochen später habe ich meine Oma besucht. Sie nahm meine Hände in ihre, schaute sie an und sagte: „Carmen das ist Kunst! Wundervoll!“ Und natürlich ist jedes Mal, wenn ich die Gelegenheit bekomme, von einem tollen Künstler ein Tattoo zu kriegen, schön!

Kunstsammlerin Carmen Kerwer
Die Hände hat sich Carmen von ihrem Mann tätowieren lassen.
Wonach suchst du dir deine Tätowierer*innen aus und was macht für dich persönlich ein gutes Tattoo aus?

Mittlerweile habe ich mir ein paar Lieblingstätowierer rausgepickt. Von manchen hatte ich schon die Ehre ein Tattoo zu ergattern. Für manch andere muss ich noch sehr weit fahren. Zum Beispiel Julia Campione, Javier Rodriguez, Adam Cornish, Marina Goncharova und Tony Blue Arms stehen noch auf meiner Liste. Ich lasse mir immer gerne Wannados tätowieren und rede dem Tätowierer nicht wirklich rein. Wenn ich seine*ihre Arbeiten mag, werde ich auch ein tolles Tattoo bekommen. Für mich hat ein gutes Tattoo schwarze Outlines, solide Farben und keinen großartigen Schnickschnack. Weniger ist in meinen Augen mehr.

Kunstsammlerin Carmen Kerwer
Carmen konnte bereits bei vielen ihrer Lieblingskünstler*innen ein Tattoo ergattern!
Was bedeutet Kunst für dich und würdest du Tattoos dazuzählen?

Kunst kann alles sein. Ein Ausdruck von einem Gefühl in Musik, auf eine Leinwand oder eben auf der Haut. Tattoos zählen für mich auf jeden Fall zu Kunst und sollten auch ebenso hoch angesehen werden. Alles, was mit Leidenschaft getan wird, ist verbunden zur Kunst.

Ein schöner Abschluss, danke dir!

Danke auch an euch!

Carmen trägt Kunstwerke von ihrem Mann Don Rique Corner, Stefan Pauli, Jeroen van Dijk, Maxim Novodvorskiy, Davee Blows und Klaudia Holda.

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