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Jakob Kerschbaumer, Tätowierer aus Wien, verfolgt mit seiner Veranstaltungsreihe ein ambitioniertes Ziel: Tätowierungen aus ihrer rein visuellen, trendgetriebenen Wahrnehmung herauszulösen und als das zu zeigen, was sie sind – ein vielschichtiges, kulturell bedeutsames Phänomen. „Was unterhalb des Produkts Tattoo liegt, ist genauso spannend: Geschichte, Kulturbedeutung und Kunst“, erklärt er.
Am 24. Juni 2025 lud er deshalb zum Vortrag „Verdächtig tätowiert“ in die Wiener Kaffeebar Quentin ein. Dr. Igor Eberhard, Kultur- und Sozialanthropologe an der Universität Wien, beleuchtete dort die Kriminalisierung des tätowierten Körpers – ein Thema, das auch heute noch brandaktuell ist.
Dr. Eberhard zeigte in seinem Vortrag eindrucksvoll auf, wie tief verwurzelt Klischees über Tätowierte sind. Ob durch historische Kriminalforschung, die Popkultur oder moderne Medien – der tätowierte Körper wird bis heute häufig stigmatisiert. „Die Pathologisierung hat tiefe Wurzeln“, so Eberhard.
Rund 70 Besucher*innen lauschten seinen Ausführungen, die unter anderem kriminologische Studien sowie Beispiele aus dem 19. und 20. Jahrhundert einbezogen. Für Jakob war es ein voller Erfolg – nicht zuletzt, weil solche Vorträge den Dialog zwischen sehr unterschiedlichen Menschen ermöglichen.
Genau dieser Austausch ist es, der Jakob zur Organisation solcher Veranstaltungen motiviert. „Auf Flash Days oder Conventions begegnen sich viele Leute nicht, weil ihre Zugänge zu verschieden sind“, meint er. Der Vortrag schuf einen Raum, in dem Tätowierer*innen, Studierende und Tattoo-Interessierte zusammenkamen, um sich über Inhalte auszutauschen, die im Alltag oft zu kurz kommen.
Bereits vor zwei Jahren organisierte er den Vortrag „Ancient Ink“, bei dem der Archäologe Aaron Deter-Wolff über Tätowierungen bei Mumien referierte. Ebenfalls ein Format, das Verbindungen über Grenzen der Tattoo-Szene hinweg geschaffen hat.
Die Idee zu dieser Reihe kam nicht aus dem Nichts. „In den letzten zehn Jahren hatte ich das Glück, viele Menschen kennenzulernen, die ihr Leben dem Tätowieren verschrieben haben“, sagt Jakob. Dazu zählen Menschen wie Jonatal Carducci, der in Loreto die Tradition der christlichen Pilgertattoos bewahrt, oder Tanina Palazzolo, die seit über 30 Jahren tätowiert und ein Studio in Münster führt. Auch Wissenschaftler*innen wie Aaron Deter-Wolff, der sich mit tätowierten Mumien und jahrtausendealten Werkzeugen beschäftigt, prägen seinen Zugang zur Tattoo-Kultur.
Aus diesen Begegnungen sei die Idee entstanden, Veranstaltungen zu schaffen, bei denen sich ganz unterschiedliche Perspektiven auf das Thema Tattoo begegnen.
Für Jakob Kerschbaumer ist klar: Tätowierungen verdienen eine Bühne, auf der Wissen, Geschichte und persönliche Perspektiven zusammenkommen. Dabei geht es nicht um Profit, sondern um ein tieferes Verständnis. „Ich verdiene daran kein Geld“, betont er.
Ermöglicht wurde die Veranstaltung durch die Unterstützung des Vereins Tätowierkunst e.V., der unter anderem das Honorar für den Vortrag und Werbematerial übernahm. Die Teilnahme war kostenlos, stattdessen wurde um freiwillige Spenden gebeten, die ebenfalls dem Verein zugutekamen.
Nach dem Erfolg von „Verdächtig tätowiert“ steht für Jakob fest, dass es weitergehen soll. „Ich freue mich schon darauf, weitere Vorträge mit Menschen zu organisieren, die Spannendes zum Tätowieren erzählen können“, sagt er.
Auch wir freuen uns auf weitere solcher Veranstaltungen, die neue Perspektiven auf das große Thema Tätowierungen liefern und auch Menschen abseits der Tattoo-Bubble erreichen können.