Abmahnung wegen Musik auf Instagram: Das sollten Tattoo Artists wissen

Wer Instagram, TikTok oder andere Plattformen zur Selbstvermarktung nutzt, bewegt sich rechtlich oft in einem anderen Bereich als private Nutzer*innen.
Abmahngefahr auf Instagram: Tattoo Artists sollten lizenzfreie Musik nutzen
Abmahngefahr auf Instagram: Tattoo Artists sollten lizenzfreie Musik nutzen


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Viele Tattoo-Studios und Tätowierer*innen nutzen Social Media zur Eigenwerbung. Dabei werden die meisten Beiträge mit der passenden Musik unterlegt. Doch nicht jeder Song kann einfach so ohne Konsequenzen genutzt werden. Was Tattoo-Studios in Deutschland, Österreich und der Schweiz jetzt wissen sollten.

Warum das Thema Tattoo Artists betrifft

Wer Instagram, TikTok oder andere Plattformen zur Selbstvermarktung nutzt, bewegt sich rechtlich oft in einem anderen Bereich als private Nutzer*innen. Sobald ein Account gewerblich ist oder Beiträge der Kundengewinnung dienen, gelten andere Regeln. Auch wenn du mit deinem Beitrag selbst kein Geld verdienst, kann also eine gewerbliche Nutzung vorliegen.

Die Regeln für Musiknutzung auf Instagram können frustrierend sein, doch sie schützt Musiker*innen.
Die Regeln für Musiknutzung auf Instagram können frustrierend sein, doch sie schützt Musiker*innen.

Die Rechtslage: Deutschland, Österreich und Schweiz

In Deutschland ist die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) für die Rechte von Musiker*innen, Komponist*innen und Textautor*innen zuständig. Nach Angaben mehrerer Industrie- und Handelskammern sowie Fachkanzleien sind die meisten Songs aus der Instagram- oder TikTok-Bibliothek nur für private Nutzung freigegeben. Sobald ein Account gewerblich betrieben wird, etwa durch selbstständige Tattoo Artists oder Studios, gilt die Nutzung dieser Musik ohne Lizenz als urheberrechtlich unzulässig.

In Österreich übernehmen die AKM (Autor*innen, Komponist*innen, Musikverleger*innen) und die Austro Mechana die Lizenzierung von Musiknutzung. Für jede kommerzielle Online-Verwendung, etwa in Reels, Werbevideos oder TikToks, ist eine entsprechende Lizenz erforderlich. Auch die Wirtschaftskammer Österreich warnt ausdrücklich, dass die Verwendung von Musik ohne Genehmigung Abmahnungen und Kostenforderungen nach sich ziehen kann.

In der Schweiz ist die SUISA (Genossenschaft der Urheber*innen und Verleger*innen von Musik) zuständig. Sie bietet spezielle Social-Media-Lizenzen an, die klar regeln, wann und in welchem Umfang Musik kommerziell verwendet werden darf. Ohne eine solche Lizenz dürfen gewerbliche Accounts auch dort keine urheberrechtlich geschützten Songs in ihren Beiträgen nutzen.

Konkrete Risiken: Abmahnungen und Nutzungsgebühren

Seit 2024 mehren sich Abmahnungen bezüglich der unbefugten Nutzung lizenzierter Musik auf Instagram und anderen Plattformen. Betroffen sind vor allem Influencer*innen, aber auch Tattoo-Studios hat es bereits erwischt. Dabei spielt die Anzahl der Follower*innen des Accounts keine Rolle. Die Forderungen reichen von Unterlassungserklärungen über Nutzungsgebühren bis hin zu Schadensersatz im vierstelligen Bereich.

Auch Instagram bzw. Meta selbst schränkt in ihren Nutzungsbedingungen bereits die kommerzielle Musiknutzung ein. Die Plattformen schreiben klar vor, dass nicht alle in der App freigegebenen Songs kommerziell genutzt werden dürfen. Somit könnte ein Verstoß gegen diese Nutzungsbedingungen zu einer vorübergehenden Sperrung oder dauerhaften Löschung des Accounts führen.

Wichtig: Nur weil ein Song in der Instagram-App oder auf TikTok verfügbar ist, bedeutet das also nicht, dass er automatisch lizenzfrei für gewerbliche Reels genutzt werden darf. So kann also auch die Nutzung von Musik aus der regulären Instagram-Bibliothek Abmahnungen oder Schadensersatzforderungen nach sich ziehen.

Accounts von Artists, die ihre Arbeit präsentieren und Kund*innen akquirieren, gelten juristisch betrachtet als gewerblich.
Accounts von Artists, die ihre Arbeit präsentieren und Kund*innen akquirieren, gelten juristisch betrachtet als gewerblich.

Warum Tattoo Artists besonders betroffen sind

Rechtlich gelten Tätowierer*innen auf Instagram bei diesem Thema ähnlich wie Influencer*innen. Beide präsentieren ihre Arbeit oder Produkte öffentlich, um letztendlich Reichweite und Kundschaft zu gewinnen. Tattoo Artists posten regelmäßig Videos von fertigen Tattoos oder Aufnahmen aus dem Tattoo-Prozess – also Inhalte mit Werbecharakter. Damit gelten ihre Accounts juristisch betrachtet als gewerblich.

Hinzu kommt, dass beim Einsatz von Musik zur Unterlegung eigener Bilder und Videos eine sogenannte Synchronisation vorliegen könnte. Nach deutschem Urheberrecht ist dies allein dem Rechteinhaber vorbehalten. Darüber hinaus könnte auch das Posten der lizenzierten Musik an sich bereits eine Urheberrechtsverletzung darstellen, da man sie so der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Achtung: Ein häufiger Trugschluss ist, dass man bei einem „Business Account“ auf Instagram nur Musik zur Verwendung angezeigt bekommt, die man lizenzfrei nutzen darf. Das ist nicht garantiert und hat auch dort bereits zu Abmahnungen geführt.

Erfahrungen aus der Szene

Mehrere Tattoo-Studios im deutschsprachigen Raum berichteten bereits, dass sie Abmahnungen erhalten haben, nachdem sie Musik aus der Instagram-Bibliothek in ihren Reels genutzt hatten. Andere bekamen nur Warnungen der Plattform oder ihre Inhalte wurden gelöscht. Zur Sicherheit haben einige Artists seit geraumer Zeit auf lizenzfreie Musik oder eigene Sounds umgestellt.

Der Fall des österreichischen Tätowierers Jonny Ink macht aktuell die Runde. Er berichtet, dass er eine Gebührennachforderung von mehreren tausend Euro erhalten habe. Explizit abgemahnt wurde er für einen Beitrag aus dem Jahr 2021. Es handelte sich hierbei um ein Video, das nicht einmal speziell das Tätowieren bewarb, sondern einen gemeinsamen Urlaub der Artists zeigte. Da es sich jedoch um einen gewerblichen Account handelt, wurden die entsprechenden Forderungen an ihn gestellt.

Als Konsequenz habe er beinahe alle Beiträge von seinen Accounts entfernt, bei denen Musik im Hintergrund lief oder in der Bearbeitung eingefügt wurde. Diesen Entschluss hat er gefasst, um sich vor weiteren Nachforderungen zu schützen. Auch wenn er nicht bewusst rechtsverletzend gehandelt hat, räumt er ein Fehlverhalten ein: „Das Recht des Urhebers wurde verletzt und das gehört unterlassen“. Zudem spricht er eine Warnung an alle Kolleg*innen aus, die ebenso unbedacht ihre Beiträge mit lizenzierter Musik hinterlegen.

Worauf Tätowierer*innen achten sollten

1. Eigene oder lizenzfreie Musik verwenden

Nutze Sounds, die ausdrücklich für kommerzielle Nutzung freigegeben sind. Hierfür gibt es zum Beispiel Bibliotheken wie Epidemic Sound, Artlist oder die kostenfreie „Meta Sound Collection“.

2. Keine Songs im Hintergrund verwenden

Selbst wenn Musik in der App-Bibliothek angeboten wird, ist sie für gewerbliche Inhalte nicht frei nutzbar. Stattdessen kannst du eigene Tonaufnahmen verwenden, sofern auch dort kein Musikstück zu hören ist, für welches du keine Nutzungsrechte hast. Außerdem können auch stille Reels gut performen, solange die Bilder für sich sprechen.

3. Vorsicht bei Reposts und Kooperationen

Wenn Kund*innen oder Gasttätowierer*innen Clips mit Musik teilen, sollte sichergestellt sein, dass auch deren Inhalte lizenzkonform sind. Ansonsten solltest du sie mit deinem gewerblichen Account lieber nicht teilen und eine Co-Autorenschaft besser ablehnen.

4. Musik aus alten Beiträgen entfernen

Solltest du in der Vergangenheit Beiträge mit Musik hinterlegt haben, überprüfe am besten jeden einzelnen. Falls du nicht-lizenzfreie Musik genutzt hast, solltest du sie aus deinem Beitrag entfernen oder gegen ein lizenzfreies Stück austauschen. Sollte das nicht möglich sein, musst du den Beitrag leider ganz löschen, um auf der sicheren Seite zu sein.

Was kann ich tun, wenn ich abgemahnt werde?

Wenn du eine Abmahnung erhalten hast, solltest du nicht in Panik geraten und unüberlegt handeln. Das Ignorieren eines solchen Schreibens ist nicht empfehlenswert, da dies noch höhere Kosten mit sich bringen kann. Doch auch das Abgeben von Erklärungen und das sofortige Nachkommen der Zahlungsaufforderung ist nicht immer der beste Weg.

Stattdessen solltest du dir anwaltlichen Rat einholen, damit der Sachverhalt fachlich geprüft werden kann. So könnten beispielsweise auch überhöhte Forderungen abgewehrt oder reduziert werden. Achte außerdem darauf, ob im Schreiben bestimmte Fristen gesetzt wurden, und halte diese ein, um weitere Kosten zu verhindern.

Fazit

Für Tattoo Artists und Studios gilt: Wer Instagram oder andere Plattformen geschäftlich nutzt, sollte Musik aus der App-Bibliothek mit Vorsicht behandeln. Auch wenn es technisch möglich ist, sie zu verwenden, ist die rechtliche Lage in Deutschland, Österreich und der Schweiz unterschiedlich streng – und oft nicht auf Seiten der gewerblichen Nutzer*innen.

Ein kurzer Check der Lizenzen oder der sichere Griff zu lizenzfreier Musik spart viel Ärger und Kosten. Viele Nutzer*innen, die bereits Abmahnungen erhalten haben, berichten, dass sie ihre Social-Media-Beiträge angepasst haben und keinen Einbruch ihrer Reichweite erleben mussten.

Quellen

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