Wie wird man Tätowierer*in?

Die Faszination für Tätowierungen war gefühlt schon immer da, doch…
Wie wird man Tätowierer?
Wie wird man Tätowierer?

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Die Faszination für Tätowierungen war gefühlt schon immer da, doch in den letzten Jahren scheint sie nochmal deutlich zugenommen zu haben. So haben auch zunehmend mehr Deutsche ein Tattoo oder zumindest den Wunsch nach einem. Daher überrascht es nicht sonderlich, dass sich immer mehr Menschen für den Beruf des Tattoo-Artists interessieren. Doch wie wird man überhaupt Tätowierer*in?

Viele Wege führen nach Rom

Im Fall des Tätowierens führen vielleicht sogar zu viele Wege nach Rom – das ist zumindest auch teilweise die Meinung der Tattoo-Branche. Denn in Deutschland ist es sehr einfach, ein Tattoo-Studio zu eröffnen und sich Tätowierer*in zu nennen. Das beutet leider auch, dass man ohne notwendige Kenntnisse mit dem Tätowieren von Menschen loslegen kann.

Das liegt vor allem daran, dass der Begriff „Tätowierer*in“ in Deutschland nicht geschützt ist und somit jede*r diesen für sich beanspruchen kann. Außerdem ist der Berufszugang nicht wirklich geregelt und es gibt keine staatlich anerkannte Ausbildung.

Selbst die Bundesagentur für Arbeit gibt als einzige Info zum Berufszugang an, dass „ein bestimmter Bildungsgang nicht vorgeschrieben ist“. Je nach Bundesland wird lediglich ein Sachkundenachweis zum Thema Hygiene verlangt, da das Tätowieren der Infektionshygieneverordnung unterliegt

Etwas anders ist es zum Beispiel in Österreich. Zwar ist die Ausbildung auch dort nicht staatlich geregelt, doch der Zugang zum Beruf findet über eine Befähigungsprüfung statt. Diese besteht aus mehreren Modulen und umfasst sowohl theoretische als auch praktische Aspekte des Tätowierens.

Da es in Deutschland also keinen vorgeschriebenen Weg zum Beruf als Tätowierer*in gibt, sind die Wege dorthin ziemlich vielfältig.

Tätowierer*in werden: Ausbildung im Tattoo-Studio

Was einer „normalen“ Ausbildung wohl am nächsten kommt, ist das Lernen des Handwerks bei einem*r Tätowierer*in in einem Tattoo-Studio. Hier erhält man echte Einblicke in den Beruf, die man in dieser Form sonst nicht bekommen kann.

Darunter fallen vor allem Kontakt, Umgang und Kommunikation mit sowie Aufklärung von Kund*innen. Auch viele Arbeiten, die zur alltäglichen Routine gehören, wie der korrekte Auf- und Abbau des Tattoo-Platzes oder das persönliche Zeitmanagement, lernt man wohl nur vor Ort wirklich effektiv. Hinzu kommt, dass man im Tattoo-Studio auch direkt unter den richtigen hygienischen Bedingungen lernen und arbeiten kann.

Besonders wichtig ist es, dass dein*e Mentor*in auch wirklich gut in ihrem Beruf ist. Das ist nicht immer unbedingt beim praktisch um die Ecke gelegenen Studio der Fall. Da es keine Zugangsregelung gibt, solltest du wirklich darauf achten, dass du in einem Tattoo-Studio unterkommst, in dem jemand sowohl theoretisches als auch praktisches Wissen an dich weitergeben kann.

Um eine Ausbildung in einem Studio machen zu können, braucht man in der Regel eine Mappe mit eigenen Zeichnungen – quasi eine Art Portfolio. Mit dieser kann man sich und seine Arbeiten in verschiedenen Tattoo-Studios vorstellen, um zu zeigen, dass bereits künstlerische Fähigkeiten vorhanden sind. So kann dein*e Mentor*in im Vorfeld wenigstens grob abschätzen, ob es sich an dieser Stelle lohnt, Zeit und Geld in deine Ausbildung zu investieren.

Für Viele ein großer Wunsch: Tätowierer*in werden.
Für viele ein großer Wunsch: Tätowierer*in werden.
Vor- und Nachteile im Tattoo-Studio

Da dein*e Mentor*in vom Staat nicht für deine Ausbildung vergütet wird, muss es sich auf anderem Wege für ihn*sie lohnen. Manche Artists verlangen daher Geld für die Ausbildung, andere lassen dich Aufgaben im Tattoo-Studio übernehmen. Für viele Tattoo Artists ist ihr Wissen sehr wertvoll, da sie es sich mühsam erarbeitet und zusammengetragen haben. Daher ist es auch verständlich, dass sie einem dieses Wissen zusätzlich zu ihrer Zeit nicht völlig ohne Gegenleistung schenken können. Außerdem ziehen sie mit dir natürlich auch jemanden heran, der*die in wenigen Jahren theoretisch bereits ein paar Straßen weiter ein eigenes Tattoo-Studio eröffnen und Stammkundschaft mitnehmen könnte.

Da das selbstständige Arbeiten mit all den Aspekten abseits vom Tätowieren für Ausbilder*innen natürlich wie gewohnt weitergeht, erleben einige Tattoo-Lehrlinge nicht die beste Ausbildung. Einige berichten davon, dass sie monatelang nur Putz- und Beratungstätigkeiten übernehmen konnten und weder künstlerisch noch handwerklich gefördert wurden. In größeren Studios wird die Ausbildung auch oft aufgeteilt, wobei alle Tätowierer*innen mithelfen sollen. Das ist zumindest dann problematisch, wenn sich am Ende keine*r so wirklich verantwortlich für dich und deine Ausbildung fühlt.

Dennoch ist das Lernen bei einem oder mehreren Tattoo Artists in einem richtigen Tattoo-Studio wohl die hilfreichste Methode. So kannst du von Anfang an direkt unter realen Bedingungen lernen und gewöhnst dich an den oft auch stressigen Alltag im Tattoo-Shop. Dort lernst du nicht nur stumpf von einer Person, sondern nimmst auch viele zusätzliche Erfahrungen durch die verschiedenen Kund*innen, das Shop-Team oder Gasttätowierer*innen mit. So erhältst du bereits früh einen breiteren Blick in die Branche und kannst dich mit anderen verknüpfen. Denn gerade im Bereich des Tätowierens ist dieses Kontakteknüpfen besonders hilfreich, um sich gegenseitig über Produkte, Techniken und Neuigkeiten aus der Szene auszutauschen.

Autodidaktisches Lernen: sich das Tätowieren selbst beibringen

Viele Tätowierer*innen haben sich das Tätowieren und alles, was noch dazugehört, selbst beigebracht. Diesen Weg gehen auch oft diejenigen, die keinen Ausbildungsplatz in einem guten Tattoo-Studio bekommen haben. Da viele Tätowierer*innen keinen Ausbildungsplatz anbieten, kann die Suche auch wirklich langwierig sein. Andere wiederum sehen das Tätowieren mehr als Hobby und legen keinen großen Wert darauf, hygienisch einwandfrei und handwerklich wirklich gut zu arbeiten.

Da es kein klassisches Lehrbuch fürs Tätowieren gibt, in dem alle wichtigen Punkte abgehandelt werden, sieht der Lernprozess wohl bei jeder Person anders aus. Meist läuft es darauf hinaus, dass man zunächst auf sich selbst das Tätowieren übt, später auf Freund*innen und dann auf deren Freund*innen – und so weiter. Oft hat man als Autodidakt*in auch bereits Tätowierer*innen in seinem näheren Bekanntenkreis, sodass man sich ab und zu wenigstens Ratschläge und Tipps einholen kann.

Anders als im Tattoo-Studio bekommst du hier normalerweise kein konstruktives Feedback von Menschen, die professionell tätowieren. Niemand kann dir sagen, wenn du einen Fehler machst oder dir Tipps für die richtige Maschine, Farben und Nadeln geben.

Daher werden sicher auch einige Hautstellen draufgehen, auf denen du wackelige Linien oder Blowouts verewigst, bis du herausgefunden hast, wie das Handwerk annähernd funktioniert. So bist du wirklich auf dich allein gestellt und musst alles Stück für Stück ausprobieren. Das kostet nicht nur enorm viel Zeit, sondern in der Regel auch eine Menge Geld, die du in die falschen Produkte investierst.

Vom Selbststudium zum Tattoo-Studio: eine gute Idee?

Viele üben so lange, bis ihre Arbeiten gut genug sind, um sich als selbstständige*r Tätowierer*in in einem Studio zu bewerben. Wer bereits künstlerisch und handwerklich auf einem guten Level angekommen ist, kann in einem Tattoo-Studio nochmal richtig aufblühen und einiges dazulernen – bis man eventuell einen eigenen Laden eröffnet.

Leider eröffnen aber auch sehr unerfahrene Anfänger*innen manchmal bereits nach wenigen Wochen ein eigenes Tattoo-Studio. Dies geschieht oft aus dem Grund, dass sie mehr Erfahrung sammeln möchten, aber der Kreis an Freiwilligen schon erschöpft ist. Hinzu kommt, dass sie mit ihrem Können und Wissen keinen Platz in einem bestehenden Studio bekommen würden.

Dennoch möchten sie ihren Lebensunterhalt verdienen und hierfür keinen anderen Job ausüben. Dabei mangelt es ihnen häufig nicht nur an technischem Können, sondern auch am hygienischen Fachwissen. Sie kennen die routinierten Abläufe nicht und haben bisher wenig Zeit ins Tätowieren gesteckt. Aufgrund des ungeregelten Berufszugangs ist dieser Prozess nicht abzuwenden, sodass dort unwissende Kundschaft zu oftmals regulären Preisen minderwertige Arbeit erhält.

Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch diejenigen, die das Tätowieren autodidaktisch gelernt haben und hygienisch sowie technisch gute Arbeit leisten. Falls der Weg von Null bis zum eigenen Tattoo-Studio jedoch keine einzige Kontrollinstanz in Form von Fachpersonen hat, ist das Risiko höher, unwissentlich Fehler zu machen.

Tattoo-Schulen, Online-Kurse und Video-Tutorials

Wer sich das Tätowieren selbstständig beibringt, jedoch keine Tätowierer*innen kennt, behilft sich oft mit kostenpflichtigen oder kostenlosen Angeboten.

Bei den kostenlosen Angeboten handelt es sich meist um Video-Tutorials, die man z.B. bei YouTube finden kann. Problematisch hierbei ist, dass solche Videos auch von Amateur*innen hochgeladen werden, die falsche Techniken und Grundlagen vermitteln.

Darüber hinaus könnten die Inhalte eines Video-Tutorials fehlerhaft nachgeahmt werden, ohne dass die anleitende Person einen darauf hinweisen kann.

Um Tattoo-Artist zu werden gibt es nicht den 'perfekten' Weg.
Um Tattoo-Artist zu werden gibt es nicht den ‚perfekten‘ Weg.
Ein täuschendes Gefühl von Sicherheit

Bei kostenpflichtigen Angeboten, ob online oder in Person, wird oft mit großen Versprechen gelockt: einfach tätowieren lernen und damit in wenigen Wochen oder Monaten bereits viel Geld verdienen. Leider bleiben diese Versprechen von großem Erfolg und Ruhm in der Regel am Ende unerfüllt.

Selbst das „anerkannte Zertifikat“ oder „offizielle Abschlusszeugnis“ hat keinen bedeutsamen Wert, da es sich hierbei ebenso um ungeschützte Begriffe handelt. Sie bescheinigen dir am Ende nicht deine Tattoo-Fähigkeiten, sondern eben nur die Teilnahme an einem Tattoo-Kurs von einer bestimmten Person oder einem Unternehmen.

Ähnlich wie bei den autodidaktisch Lernenden, die bereits nach kurzer Übungszeit einen eigenen Laden eröffnen, tun dies auch einige Besucher*innen solcher Crash-Kurse. Unterschied hier ist, dass sie durch ihren oft teuer bezahlten „Abschluss“ mehr dazu geneigt sind, möglichst direkt ein Studio zu eröffnen, um das versprochene Geld zu verdienen. Hinzu kommt, dass sie mit ihrer vermeintlichen Qualifikation ohne die dazugehörige Erfahrung eher unwahrscheinlich in einem guten Tattoo-Studio einen Platz bekämen.

Generell sind solche Kursangebote wohl eher zur Unterstützung oder Weiterbildung geeignet. So ein Kurs allein ist kein Gütesiegel und nach wenigen Wochen des Lernens ist man normalerweise nicht erfahren genug, um alleine ein eigenes Tattoo-Studio zu führen.

Kein Richtig oder Falsch

Tatsächlich bleibt diese Frage am Ende wohl doch ein bisschen offen. Wege gibt es viele, doch zu einem professionellen Tattoo Artist wird man auf keinem von ihnen mit 100 %-iger Sicherheit.

Wer sich wissentlich von jemandem mit wenig Erfahrung tätowieren lässt, weiß auch worauf er*sie sich qualitativ einlässt. Für dieses Risiko zahlt man in der Regel auch einen günstigeren Preis. Dennoch sollte auch hier immer eine gewissenhafter Beratung und Aufklärung stattfinden sowie hygienisch einwandfrei gearbeitet werden. Außerdem müssten selbst im privaten Rahmen die verwendeten Farben und Materialien den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. All diese Punkte sind bei einer Ausbildung in einem seriösen Tattoo-Studio automatisch abgedeckt.

Dennoch heißt es nicht automatisch, dass die Ausbildung in einem Tattoo-Studio immer die beste ist. Hier kommt es ganz klar auf das Studio und die jeweiligen Ausbilder*innen an. Prinzipiell ist es aber empfehlenswert, bereits von Anfang an in einem möglichst professionellen Setting zu lernen und zu arbeiten.

Wie sind andere Tätowierer*in geworden?

Wenn du gerne wissen möchtest, wie andere das Tätowieren gelernt haben, wirf doch mal einen Blick auf feelfarbig.com/artists. Eine Großteil der Tattoo-Künstler*innen, die wir dort vorstellen, hat auch vom eigenen Weg in den Beruf erzählt.

Hierbei wird dir auffallen, dass es eben nicht den einen „perfekten“ Weg zum*zur Tätowierer*in gibt. Stattdessen berichten viele von ihren ersten Versuchen oder Fehltritten und erzählen, was sie heute anders machen würden. Einige mussten sogar erst mehrere Umwege gehen, bevor sie am Ende bei ihrem Traumberuf als Tattoo Artist gelandet sind.


Quellen

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