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Für Jeannette Lein war Zeichnen schon immer das perfekte Ventil: “Man braucht nur Stift und Papier. Das geht immer und man kann sich etwas erschaffen, auch wenn nicht viel Geld da ist. Das war bei uns so. Mein Vater konnte Karikaturen zeichnen, meine Oma hat mir Zeichnungen hinterlassen und mein Opa hat geschnitzt – Holzfiguren aus dem Erzgebirge.” Nur mit dem Tätowieren hatte keiner in ihrer Familie etwas zu tun. Das mag wohl auch daran liegen, dass es in der DDR, wo Jeannette 1980 geboren wurde, offiziell keine Tattoo-Shops gab.
Für Jeannette ging es zunächst nach Düsseldorf an die Uni, wo sie Sozialpädagogik studierte. Damit wurde sie aber nicht wirklich glücklich und widmete sich lieber der Kunst: “Das Zeichnen hat mir durchs Abi geholfen und war während des Studiums Freund und Feind zugleich. Ich sollte nämlich erst ‘etwas Richtiges’ lernen, hab aber lieber nächtelang am Schreibtisch an meinen Bildern gesessen.” Das Studium selbst zog sie immer mehr runter, sodass Jeannette einen Ausweg finden musste: “Wäre ich nicht so am Boden gewesen, hätte ich mich vielleicht nie getraut, das mit dem Tätowieren zu versuchen. Das war noch so eine Rockerdomäne, kaum Frauen, viel Geheimniskrämerei.”
Von Papier zur Haut
Langsam fand das Tätowieren seinen Weg in Jeannettes Leben. So nahm ihr damaliger Freund sie häufig mit auf Tattoo-Conventions und sie fing damit an, selbst Tattoos zu entwerfen. Im Tätowiermagazin (mittlerweile eingestellt) verkaufte sie über Kleinanzeigen ihre Zeichnungen als Tattoo-Vorlagen, woraufhin sie 2002 einen Anruf erhielt. Damals meldete sich ein Tätowierer aus Bergisch Gladbach bei ihr, der auf der Suche nach einem Lehrling war.
Und so öffnete sich für Jeannette die Tür zum Tätowieren: “So ging das los. Ich bin also in Punkerklamotten und Dreadlocks mit meiner Zeichenmappe dahin, hab Nadeln gelötet, gezeichnet und zugeguckt. Nebenbei hab ich noch in der mobilen Pflege gearbeitet. Ein Jahr später habe ich in Köln angefangen zu tätowieren. Ralf Fischer hat mir endlich mein erstes Tattoo gestochen und mein Verständnis davon, wie großartig Tätowieren ist und wie man in einem Tattoo-Studio miteinander umgehen sollte, für immer geprägt. Das Gleiche gilt für Christoph Zarembowicz, der damals eine Lehre in einem Wuppertaler Tattoo-Studio gemacht und heute einen Shop in Leverkusen hat.”
Retro, bunt, traditionell
Am liebsten tätowiert Jeannette Nerdkram: egal, ob Comics, Filme, TV-Serien – gerne aus den 80ern und älter. Dabei setzt sie ihre Motive in der Regel schön bunt und im traditionellen Stil mit stabilen Linien um. Doch auch Tierprotraits oder Cover-ups setzt sie gerne um: “Aber am wichtigsten ist mir, das der*die Kund*in und ich auf einer Wellenlänge sind und wir uns gut verstehen. Dann ist viel möglich.”
Auch abseits der Wünsche von Kund*innen zaubert Jeannette regelmäßig tolle Motive hervor. Dabei holt sie ihre Inspiration auch aus den unschönen Zeiten: “So etwas wie die Pandemie, das Arbeitsverbot und der ewig graue Winter im Ruhrgebiet. Dem muss ich Farbe entgegensetzen, und etwas Sinnstiftendes, meine Skills verbessern. Und wenn sich das dann noch jemand tätowieren lassen will, dann ist alles gut.”
Wo du Jeannette Lein findest
Jeannette arbeitet als Resident Tätowiererin bei “Signed and Sealed” in Recklinghausen.
Termine vergibt sie fortlaufend per E-Mail, sodass ihr euch jederzeit mit euren Tattoo-Ideen bei ihr melden könnt.
Instagram: @jeannettelein
Mail: knochenpolka@gmx.de
Signed and Sealed Tattoo Parlour
Kemnastraße 17
Recklinghausen 45657
Tel.: 02361 388799
Übrigens: Wenn du noch nie eine*n Tätowierer*in kontaktiert hast, schau doch mal in unseren Artikel “Wie schreibe ich einen Tätowierer an“. Das hilft sowohl dir, als auch dem Artist! :)
Titelfoto von Adrian Gnyp
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