
Dein Support für Feelfarbig 🖤Hi! Schön, dass dir unsere Arbeit gefällt. Unsere Recherchen und Beiträge sind stets unabhängig und für dich kostenlos. Damit das auch so bleiben kann, freuen wir uns über Vielen Dank! ✌️
Dein Support für Feelfarbig 🖤Hi! Schön, dass dir unsere Arbeit gefällt. Unsere Recherchen und Beiträge sind stets unabhängig und für dich kostenlos. Damit das auch so bleiben kann, freuen wir uns über deine Unterstützung. Vielen Dank! ✌️
Eine aktuelle Studie aus Utah untersucht erstmals in größerem Maßstab den Zusammenhang zwischen Tätowierungen und Melanom, der gefährlichsten Form von Hautkrebs. Die Schlagzeilen vieler Medien sind schnell bei der Hand: „Tätowierte bekommen weniger Hautkrebs!“ Doch so einfach ist es nicht. Die Daten sind spannend, aber sie werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten.
Die Forscher*innen analysierten 1.167 Melanomfälle und 5.835 nicht erkrankte Kontrollpersonen. Sie betrachteten nicht nur, ob jemand tätowiert war, sondern auch Details wie die Anzahl der Tattoo-Sitzungen, die Größe der Tattoos und das Alter beim ersten Tattoo.
In der Kurzfassung heißt es vorsichtig:
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine höhere Tattoo-Exposition mit einem verringerten Melanomrisiko verbunden sein könnte“.
Schon hier zeigt die Wortwahl: Es geht nicht um einen eindeutigen Beweis, sondern um einen möglichen Zusammenhang.
Tatsächlich fanden die Forschenden heraus, dass Personen mit vier oder mehr Tattoo-Sitzungen ein um rund 56 % geringeres Risiko aufwiesen. Wer drei oder mehr großflächige Tattoos hatte, dessen Risiko war um 74 % geringer. Doch zugleich zeigte sich: Menschen mit nur einer einzigen Tattoo-Sitzung hatten ein erhöhtes Risiko für Melanome.
Dieses scheinbar widersprüchliche Muster spricht gegen eine einfache Interpretation. Die Autor*innen selbst warnen davor, die Zahlen vorschnell als Schutzwirkung zu lesen.
Warum die Ergebnisse so ausfallen, ist aktuell unklar. Die Autor*innen betonen ausdrücklich, dass auch unbekannte Störfaktoren eine Rolle spielen könnten.
Vielleicht bieten große, dunkle Tattoos tatsächlich etwas Schutz vor UV-Strahlung, vielleicht stärkt die Immunreaktion durch das Tätowieren die körpereigene Tumorabwehr. Möglich ist aber auch schlicht, dass Menschen mit vielen Tattoos ihr Verhalten ändern: Sie meiden Sonne, cremen sich häufiger ein oder leben insgesamt anders als Nicht-Tätowierte.
Dass Tattoos theoretisch UV-Strahlung abfangen können, zeigte sich bereits 2015 in einer Mausstudie. Dort entwickelten Tiere mit schwarzen Rücken-Tattoos nach UV-Bestrahlung deutlich später Hauttumoren als ihre nicht-tätowierten Wurfgeschwister (Lerche et al. 2015). Diese Ergebnisse sind spannend, aber auf den Menschen nicht direkt übertragbar. Dies liegt unter anderem an der unterschiedlichen Hautdicke und der Zusammensetzung der verwendeten Tattoo-Farbe.
Auf der anderen Seite gibt es auch Hinweise auf Verhaltensunterschiede: In einer internationalen Befragung berichteten tätowierte Menschen häufiger, Sonnenschutzmittel zu nutzen, obwohl sie insgesamt auch mehr Sonnenexposition hatten (Kluger et al. 2024). Das könnte die epidemiologischen Befunde zumindest teilweise erklären. Nicht die Tinte selbst, sondern der Umgang der Menschen mit ihrer Haut könnte den Unterschied machen.
Auch die wissenschaftliche Literatur ist sich uneinig. In der Utah-Studie heißt es:
„Unsere Ergebnisse stützen nicht die bisher vermuteten Zusammenhänge zwischen Tätowierungen und erhöhtem Melanomrisiko“.
Die Formulierung ist bewusst vorsichtig: Nicht stützen heißt nicht automatisch widerlegen, sondern offen lassen.
Eine dänische Zwillingsstudie von diesem Jahr, die wir hier genauer besprochen haben, kam zum Beispiel zu anderen Ergebnissen. Dort fanden die Forschenden keine Hinweise auf ein geringeres Hautkrebsrisiko, sondern stattdessen auf ein leicht erhöhtes Risiko bei größeren Tattoos. Allerdings liefert auch diese Studie keinen klar bewiesenen Zusammenhang zwischen Tätowierungen und Hautkrebs.
Diese unterschiedlichen Ergebnisse zeigen, wie widersprüchlich die Datenlage derzeit ist und dass weitere Forschung dringend nötig bleibt.
Zu behaupten, Tattoos würden das Krebsrisiko eindeutig senken, ist falsch. Zum Thema Tattoos gibt es leider häufig solche falschen Darstellungen von Hinweisen als Fakten, um Klicks zu generieren. Die Utah-Studie liefert keine Beweise, sondern Hypothesen, die erst in weiteren Untersuchungen geprüft werden müssen.
Auch die Forscher*innen selbst schreiben:
„Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um diese Zusammenhänge zu klären“. Und an anderer Stelle machen die Autor*innen klar, dass es sich sich um vorläufige Ergebnisse handelt, die nicht verallgemeinert werden dürfen.
Für die Tattoo-Community bedeutet das: Die Forschung ist spannend, aber noch am Anfang. Nach heutigem Wissensstand gibt es weder Anlass für übertriebene Hoffnungen noch Ängste im Hinblick auf Hautkrebs und Tattoos.