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Neue dänische Studie untersucht Tätowierungen und Krebsrisiko

Eine neue dänische Studie wirft Fragen über die Sicherheit von Tätowierfarben auf und untersucht mögliche Verbindungen zu Hautkrebs und Lymphomen. Die Ergebnisse sollen darauf hindeuten, dass größere Tätowierungen das Krebsrisiko erhöhen könnten. Doch trotz der alarmierenden Überschrift bleiben einige methodische Schwächen und ungelöste Fragen über die tatsächliche Gefahr.
Worum geht es in der Studie?
Am 15.01.2025 wurde die Studie „Tattoo-Farbexposition ist mit Lymphomen und Hautkrebs assoziiert – eine dänische Zwillingsstudie“ (im Original Englisch) veröffentlicht. Sie erschien im Journal „BMC Public Health“ und untersucht den Zusammenhang zwischen Tätowierfarben und Krebs.
Die Autor*innen vermuten, dass Tätowierfarben Entzündungen verursachen, die das Krebsrisiko erhöhen könnten. Die Studie liefert zwar erste Hinweise, aber kann keine kausalen Beweise oder Zusammenhänge liefern.
Wichtig: Die Studie konnte nicht berücksichtigen, welche Tattoo-Farben oder spezifischen Inhaltsstoffe verwendet wurden, da diese Daten nicht erhoben wurden.

Wie wurde geforscht?
Für diese Studie kontaktierten die Autor*innen ausschließlich Zwillinge, welche einen Eintrag im dänischen Zwillingsregister sowie Krebsregister hatten. Alle befragten Zwillinge wurden zwischen 1960 und 1996 geboren. Zwillinge bieten den Vorteil, dass sie genetisch ähnlich sind, sodass Unterschiede eher auf andere Faktoren zurückgeführt werden können.
Für die Erhebung der Daten wurde ein Fragebogen erstellt, welchen die Zwillinge eigenständig ausfüllen sollten. Darin wurden einige Fragen zu Tätowierungen und bestimmten Krebserkrankungen gestellt.
Zusätzlich erfassten die Forschenden weitere Faktoren, die zur Entstehung oder Entwicklung von Krebs beitragen könnten. Dazu wurden das Rauchverhalten, Alter, sportliche Betätigung, Alkoholkonsum und andere mögliche Risiken analysiert.
Mehr zum Studiendesign
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine epidemiologische Kohortenstudie. Diese haben das Ziel, einen Zusammenhang zwischen einem oder mehreren Faktoren und dem Auftreten einer Krankheit aufzudecken. In diesem Fall waren Tattoos der untersuchte Faktor und Krebs die Krankheit.
Bei dieser Publikation wurden mit zwei Studiendesigns gearbeitet. Hierfür wurden zwei Gruppen von Zwillingen, sogenannte Kohorten, zusammengestellt. Mit diesen wurde eine Zwillings-Kohortenstudie und eine Fall-Kohortenstudie durchgeführt.
Für die Zwillings-Kohortenstudie wurden 316 Zwillingspaare befragt, bei denen ein Zwilling eine für die Studie relevante Krebserkrankung aufwies. Der andere Zwilling diente als „Kontrollperson“, um mögliche Unterschiede zwischen dem „gesunden“ Zwilling und dem an Krebs erkrankten zu analysieren.
Bei der Fall-Kohortenstudie wurden 2.367 Zwillinge befragt, wovon in 52 % der Fälle beide Zwillinge des Paares geantwortet haben. Mit dieser Kohorte wurde versucht, das generelle Krebsrisiko in Zusammenhang mit Tattoos zu untersuchen. Dafür wurden zum Beispiel das Alter bei der ersten Tätowierung und die Größe des Tattoos einbezogen.
Was hat die Studie zum Krebsrisiko herausgefunden?
Die Ergebnisse könnten auf eine mögliche Verbindung zwischen Tattoos und erhöhtem Krebsrisiko hindeuten:
Hautkrebs: Tätowierte Personen hatten ein 1,6-fach höheres Risiko als nicht tätowierte Personen. Bei Tattoos, die größer als eine Handfläche waren, war es ein 2,4-fach höheres Risiko.
Basalzellkarzinome („weißer Hautkrebs“): Hier wurde ein 2,8-fach höheres Risiko im Vergleich zu nicht-tätowierten Personen errechnet.
Lymphome: Tattoos, die größer als eine Handfläche waren, sollen das Risiko um den Faktor 2,7 erhöhen. Andere Studien ergaben einen Faktor von 1,3, wobei die Ergebnisse oft nicht eindeutig sind.
Was sind die Stärken der Studie?
Zwillingskohorten: Die Nutzung von Zwillingsdaten ermöglicht es, genetische und frühkindliche Umwelteinflüsse als Faktoren auszuschließen.
Ereigniszeitanalyse: Die Forschenden berücksichtigten, wann Tattoos gestochen wurden und wie lange danach das Krebsrisiko erhöht war.

Was sind die Schwächen der Studie?
Keine Daten zu Tattoo-Farben: Es ist unklar, welche Tattoofarben oder Inhaltsstoffe verwendet wurden.
Kleine Stichprobe: Vor allem bei Lymphomen war die Anzahl informativer Fälle sehr begrenzt.
Breite Konfidenzintervalle: Die Ergebnisse zu Hautkrebs aus der Fall-Kohortenstudie weisen z.B. ein Konfidenzintervall von 1,11 bis 5,06 auf. Solch ein breiteres Intervall deutet auf statistische Unsicherheiten hin – eine mögliche Folge der begrenzten Stichprobengröße. Idealerweise ist ein solches Konfidenzintervall weniger breit als 1, um ein Risiko klar abzugrenzen und Schlussfolgerungen zu ziehen.
Keine Berücksichtigung der Sonnenexposition: UV-Strahlung ist ein Hauptfaktor für Hautkrebs, wurde aber nicht erfasst.
Fragebögen: Die Teilnehmer*innen haben eigenständig einen Fragebogen ausgefüllt, wobei es durch falsche Erinnerungen oder falsches Verständnis zu falschen Angaben kommen kann.
Nur Assoziationen: Die Studie zeigt mögliche Verbindungen, liefert aber keine Beweise für kausale Zusammenhänge. Hierfür bräuchte es noch mehr epidemiologische Studien, welche Tattoos als Faktor gezielt und genauer untersuchen. Darüber hinaus wären auch Untersuchungen, die den Mechanismus aufschlüsseln, welcher hinter einer Tattoo-bedingten Entstehung von Krebs stecken würde, von Interesse.
Krebsrisiko und Tattoos – Mehr Daten und Studien benötigt!
In einem kürzlich veröffentlichten Kommentar in der Fachzeitschrift „BJU International“ werfen die zwei renommierten Tattoo-Forscher Dr. Nicolas Kluger und Dr. Sebastiaan Van der Bent die Frage auf, ob Tätowierungen das Risiko für Blasenkrebs erhöhen könnten. Die Autoren weisen darauf hin, dass einige Tattoofarben Stoffe enthalten können, die als Risikofaktoren für Blasenkrebs bekannt sind.
Allerdings gehen sie davon aus, dass Blasenkrebs in diesem Zusammenhang eher eine seltene Erkrankung sein wird. Daher betonen sie, dass zukünftige Studien eine möglichst große Teilnehmerzahl benötigen, um aussagekräftige Ergebnisse zu liefern. Besonders wichtig ist, dass die Forschung sich auf stark tätowierte Personen konzentriert, da es unwahrscheinlich ist, dass Menschen mit nur wenigen kleinen Tattoos ein höheres Krebsrisiko haben.
Personen, deren Tattoos große Körperflächen bedecken, sowie Tätowierer*innen, die oft selbst stark tätowiert sind und regelmäßig mit den Farben in Kontakt kommen, sollten daher besonders berücksichtigt werden. Die Autoren fordern, dass solche Gruppen gezielt in zukünftige Studien einbezogen werden, um das potenzielle Krebsrisiko besser zu verstehen und fundierte Aussagen über die Auswirkungen von Tätowierungen auf die Gesundheit treffen zu können.

Was heißt das für Tattoo-Fans?
Wenn du Tattoos hast oder planst, dir welche stechen zu lassen, gibt es keinen Grund zur Panik. Die dänische Studie liefert keine Beweise, dass Tattoos direkt Krebs verursachen. Stattdessen sollte dies als Anlass gesehen werden, weitere Forschung auf dem Gebiet zu betreiben.
Trotzdem ist immer Vorsicht angebracht. Du solltest stets darauf achten, dass du deine Tattoos gut pflegst und deine Haut vor der Sonne schützt.
Ein großes Risiko stellen zudem online für jede*n erhältliche „Tattoo-Sets für Anfänger*innen“ dar. Diese beinhalten neben minderwertigen Utensilien häufig auch Farben, welche nicht zum Tätowieren geeignet oder zugelassen sind. Sie können krebserregende Substanzen oder Verunreinigungen beinhalten und sollten wirklich nicht auf der Haut verwendet werden.
Fazit
Die Studie zeigt vor allem, dass noch sehr viele Fragen offen sind, wenn es um die möglichen Auswirkungen von Tattoos auf die Gesundheit geht. Dies wird auch nochmal durch den Kommentar von Dr. Kluger und Dr. Van der Bent unterstrichen.
Die dänische Studie liefert Hinweise auf ein potenziell erhöhtes Krebsrisiko durch Tattoos. Zwar sind die Ergebnisse suggestiv, jedoch nicht ausreichend für eindeutige Schlussfolgerungen. Weitere und klar auf Tattoos ausgerichtete Forschung ist nötig.
Auch wenn die Ergebnisse ernst genommen werden sollten, gibt es keinen Grund, Tattoos nun generell zu verteufeln. Wichtig ist, sich stets über Inhaltsstoffe und generelle Risiken zu informieren – sowohl als tätowierte Person als auch als Tätowierer*in.
- Clemmensen, S. B., Mengel-From, J., Kaprio, J., Frederiksen, H., & von Bornemann Hjelmborg, J. (2025). Tattoo ink exposure is associated with lymphoma and skin cancers – a Danish study of twins. BMC public health, 25(1), 170. doi: 10.1186/s12889-025-21413-3
- Kluger, N., & van der van der Bent, S. A. S. (2025). Tattoos as a risk factor for bladder cancer: a call for cohort studies. BJU international. doi: 10.1111/bju.16648.