Schuppenflechte: Sind Tattoos trotz Psoriasis möglich?

Schuppenflechte: Sind Tattoos trotz Psoriasis möglich?
Schuppenflechte: Sind Tattoos trotz Psoriasis möglich?

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Etwa jede fünfzigste Person weltweit ist von Psoriasis, besser bekannt als Schuppenflechte, betroffen. Dabei sind unter den Betroffenen auch einige, die sich eine Tätowierung wünschen. Doch ist ein Tattoo in diesem Fall überhaupt möglich? Was man darüber als Tätowierer*in oder Betroffene*r wissen muss und worauf man achten sollte, erfährst du hier.

Was ist Schuppenflechte?

Schuppenflechte ist eine der weltweit am meisten verbreiteten chronischen Hauterkrankungen. Es handelt sich dabei um eine Autoimmunerkrankung, die nicht ansteckend ist.

Bei Betroffenen treten meist rötliche, leicht erhabene und schuppige Stellen auf der oberen Hautschicht auf. Diese obere Hautschicht, auch Epidermis genannt, erneuert sich bei gesunden Menschen innerhalb von 26 bis 27 Tagen. In diesem Zeitraum werden neue Hautzellen gebildet, wobei ältere Hautzellen verhornen und als Schuppen abgestoßen werden.

Bei Psoriasis-Betroffenen findet die Verhornung an den befallenen Stellen beschleunigt statt. So dauert die Erneuerung der Haut dort nur 3 bis 7 Tage. Daraus folgt, dass die befallenen Hautstellen, genannt Plaques, silbrig-glänzend und schuppig erscheinen. In der Regel geht dies mit Entzündungen und Jucken einher.

Typischerweise erfolgt die Erkrankung in Schüben, sodass die Haut Betroffener mal leichte, mal stärkere und mal gar keine Symptome aufweist.

Tätowierter Psoriasis-Patient mit Plaques am Rücken. / © Carol Davila University Press
Tätowierter Psoriasis-Patient mit Plaques am Rücken. / © Carol Davila University Press

Risiko: Köbner-Phänomen

Eine Komplikation, die bei circa einem Drittel bis Viertel der Betroffenen von Schuppenflechte auftritt, ist das Köbner-Phänomen. Dabei handelt es sich um eine durch Reize hervorgerufene Hautveränderung. Im Fall der Schuppenflechte tritt also an einer eigentlich gesunden Hautstelle ein neuer schuppender Fleck auf.

Das Köbner-Phänomen kann durch verschiedene Reize, die auf die Haut einwirken, herbeigeführt werden. Dabei können zwischen Reiz und Auftreten des Phänomens wenige Wochen oder mehrere Jahre liegen.

Zu den Auslösern gehören beispielsweise starke Reibung, Druck, Kontakt mit Fremdstoffen, Kratzen oder Verletzungen der Haut. Somit könnten sowohl der Prozess des Tätowierens als auch die Nachsorge das Auftreten des Köber-Phänomens provozieren.

Ein Einblick in die Studienlage

Dank einiger Studien lässt sich das Risiko von Tätowierungen für Menschen mit Psoriasis besser einschätzen. Dabei sollte man beachten, dass es sich hauptsächlich um Umfragen-basierte Studien handelt. Somit beinhalten die Studien nicht immer dermatologische Einschätzungen, sondern vielmehr die Erinnerungen und Erfahrungen von Betroffenen.

Durch diese Selbsteinschätzungen können die Studien zwar keine verallgemeinernden Aussagen treffen, dennoch lassen sich anhand der größeren Anzahl von Teilnehmer*innen klare Trends erkennen. Im Folgenden stellen wir nun drei der aktuelleren und unserer Einschätzung nach aussagekräftigsten Studien zum Thema vor.

Dermatologische Untersuchung von 894 Tattoos

In einem Zeitraum von fünf Monaten nahmen 2018 knapp über 2.000 Psoriasis-Betroffene an einer Studie zum Thema Tattoos teil. Dabei wurden sie in 23 verschiedenen dermatologischen Zentren durch Fachpersonal befragt und untersucht.

Insgesamt 414 (20 %) der Befragten waren tätowiert, wobei sie auf eine Summe von 894 Tattoos kamen. Weitere 252 Personen haben oder hatten den Wunsch nach einem Tattoo. Von diesen verzichteten 111 aufgrund ihrer Erkrankung lieber darauf, wohingegen 93 zukünftig ein Tattoo planten.

Bei 58 der 894 Tattoos traten Komplikationen auf. Darunter waren auch einige gängige Tattoo-Begleiterscheinungen wie Juckreiz oder Schwellungen. Bei 3 % der Tattoos trat jedoch das Köbner-Phänomen auf. Bei 29 der Befragten kam es nach dem Tätowieren zu einem generellen Psoriasis-Schub.

Darüber hinaus wurden die Teilnehmer*innen gefragt, wie sich ihre Tattoos während eines akuten Schubs verhielten. Dabei kam heraus, dass in knapp 20 % der Tattoos Plaques auftraten.

Zusammenfassend wurden in dieser Studie generell eher wenig Komplikationen durch Tattoos in Betroffenen von Schuppenflechte festgestellt. Die meisten Komplikationen erlebten die Teilnehmer*innen, die während des Tätowierens einen akuten Psoriasis-Schub hatten oder ihre Schuppenflechte zu dieser Zeit medikamentös behandelten. Insgesamt waren die beobachteten Komplikationen jedoch nicht besonders schwerwiegend und gut behandelbar.

Plaques an einem Tattoo-Sleeve. / © Carol Davila University Press
Plaques an einem Tattoo-Sleeve. / © Carol Davila University Press
Online-Umfrage mit 150 Teilnehmer*innen

Im Jahre 2020 nahmen 150 tätowierte Betroffene an einer anonymen Online-Umfrage innerhalb einer Psoriasis-Community teil. Laut eigener Angabe waren 134 von ihnen weiblich und 16 männlich, wobei das durchschnittliche Alter bei 32 Jahren lag.

Von den 150 Befragten berichteten 13, dass das Tätowieren bei ihnen zu Komplikationen führte. So kam es bei acht von ihnen zum Auftreten des Köbner-Phänomens. Außerdem gaben zwei Teilnehmer*innen an, dass es nach ihrem Tattoo zu einem allgemeinen Psoriasis-Schub kam. Darüber hinaus schilderte eine Person, dass das Abheilen ihres Tattoos durch eine langanhaltende Entzündung erschwert wurde. Von den 13 Personen, die solche Komplikationen erlebten, hatten sechs ihre medikamentöse Psoriasis-Behandlung für das Tätowieren nicht unterbrochen.

Neben ihren Erfahrungen sollten die Befragten auch die Gründe für ihren Tattoo-Wunsch schildern. Ein Großteil gab an, dass es um Aussehen, Entfaltung der Persönlichkeit und Verarbeitung von wichtigen Ereignissen gehe. Vier der Teilnehmenden wollten hingegen ihre Schuppenflechte kaschieren. Sieben weitere erhofften sich, dass die Tätowierung von ihrer Hauterkrankung ablenken würde.

Insgesamt 18 % berichteten, dass ihr Tattoo ihnen dabei geholfen hat, ihre Psoriasis-Erkrankung mehr zu akzeptieren. Darüber hinaus gab mehr als die Hälfte der Teilnehmenden an, dass ihr Tattoo ihr Selbstbewusstsein verbessert hat.

Umfrage mit 90 Psoriasis-Betroffenen

Eine weitere Umfrage wurde 2016 mit 90 Schuppenflechte-Erkrankten in Finnland durchgeführt. Dabei hatten 48 von ihnen eine oder mehrere Tätowierungen. Laut eigener Angaben handelte es sich um 44 Frauen und vier Männer mit einem durchschnittlichen Alter von 38 Jahren.

Mehr als ein Viertel der Befragten berichtete, dass das Köbner-Phänomen in einem ihrer Tattoos aufgetreten ist. Dabei lag zwischen dem Tätowieren und dem Phänomen unterschiedlich viel Zeit. So wurden Zeiträume von ein bis 15 Wochen bis hin zu 20 Jahren geschildert.

Darüber hinaus gaben 82 % der Teilnehmer*innen an, dass ihre Tattoos einen positiven Effekt auf ihre Selbstwahrnehmung hatten.

Schuppenflechte: Tattoos sind kein Tabu, aber…

Somit ist ein Tattoo bei Schuppenflechte laut aktuellem Kenntnisstand kein absolutes Tabu. Dennoch berichten einige Betroffene von Komplikationen, die sich in der Regel wohl gut behandeln lassen.

Außerdem scheinen Tätowierungen einen deutlich positiven Einfluss auf das eigene Körperbild und Wohlbefinden zu nehmen. Dies kann besonders für Betroffene von Schuppenflechte eine große Erleichterung und psychische Entlastung sein.

Neben dem Risiko des Köbner-Phänomens sollten jedoch auch andere Faktoren beachtet werden. Hierzu gehört das Infektionsrisiko beim Tätowieren und das Allergierisiko im Bezug auf Tattoofarben und andere Materialien.

Wenn du seit deiner Psoriasis-Diagnose noch nicht tätowiert wurdest, besprich das Ganze vorher ruhig mit deinem Artist!
Wenn du seit deiner Psoriasis-Diagnose noch nicht tätowiert wurdest, besprich das Ganze vorher ruhig mit deinem Artist!

Worauf du achten solltest

Generell ist Schuppenflechte zwar kein Ausschlusskriterium für ein Tattoo, jedoch sollte man neben der Wahl eines professionellen Tattoo-Artists ein paar weitere Dinge beachten.

Solange man Immunsuppressiva einnimmt, ist von einer Tätowierung eher abzuraten. Dies liegt zum einen an der erhöhten Infektionsgefahr und zum anderen daran, dass bestimmte Immunzellen am Einlagern der Tattoo-Pigmente in der Haut beteiligt sind. Wissenschaftliche Untersuchungen zu den Auswirkungen von Immunsuppressiva auf das Tätowieren und Tattoos generell gibt es bisher jedoch nicht.

Solltest du dich trotz möglicher Nebenwirkungen für ein Tattoo entscheiden, wählst du bestenfalls eine Stelle aus, die bisher nicht von Psoriasis-Schüben betroffen ist. Denn die trockene, gereizte oder vernarbte Haut reagiert oft noch empfindlicher auf das Tätowieren und erschwert den Heilungsprozess eventuell. Dein letzter Schub sollte am besten auch ein paar Monate zurückliegen, sodass deine Haut und dein Körper für ein Tattoo gewappnet sind.

Falls du dich tätowieren lässt und dein verheiltes Tattoo später von einem Psoriasis-Schub betroffen ist, sollte das deiner Tätowierung theoretisch keinen Schaden zufügen. Das liegt daran, dass die Tattoofarbe in der Dermis verankert ist. Da diese Hautschicht unterhalb der Epidermis liegt, sollte die Schuppenflechte prinzipiell keinen Einfluss auf dein Tattoo nehmen. Da es jedoch keine wissenschaftlichen Studien zu dieser Fragestellung gibt, ist es auch nicht mit Sicherheit auszuschließen. Zu bedenken ist hingegen, dass bestimmte Therapien, wie eine UV-Lichttherapie, das Erscheinungsbild deines Tattoos ähnlich wie Sonnenstrahlen beeinflussen können.

Die passende Beratung

Bestenfalls sollte man sich mit seinem Tattoo-Wunsch vorab ärztlichen Rat bei der behandelnden Fachperson einholen. Dabei ist nicht nur der Zustand der Haut, sondern auch die Medikation möglicherweise interessant. Gerade, falls es sich um die erste Tätowierung seit der Erkrankung handelt, kann so ein Gespräch eine gute Idee sein.

Bedenke dabei, dass die Haltung vieler Dermatolog*innen zu Tätowierungen generell extrem ablehnend ist. Deine Tattoo-Wünsche sollten dennoch ernstgenommen werden und du solltest eine anständige Aufklärung und Beratung über mögliche Risiken erhalten.

Ebenso kann es hilfreich sein, deine*n Tätowierer*in vorab über deine Erkrankung zu informieren. So kann dir dein Artists bereits im Vorfeld die Infos über Risiken und Tattoo-Pflege geben, die für dich als Psoriasis-Betroffene besonders wichtig sind.

Auch wenn es wünschenswert wäre, haben nicht alle Tätowierer*innen bereits Erfahrungen mit Schuppenflechte sammeln können. So gibst du deinem Artist also auch nochmal die Chance, dass er*sie sich im Vorfeld entsprechend informieren kann, um dich besten Gewissens beraten zu können.

Quellen

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