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Liz Majewski wurde 1994 in Berlin geboren und lebt auch heute noch in der Hauptstadt. Ursprünglich studierte sie Illustration und wollte Kinderbücher zeichnen, doch auf die Dauer war ihr das dann doch zu niedlich. Mittlerweile macht Liz eine Ausbildung zur Tätowiererin im Berliner Studio “Pechschwarz“. Vor Jahren hat Liz schon mal ein Praktikum in einem Tattoostudio gemacht, wo sie sich am letzten Tag selbst tätowieren durfte. Letzten Oktober hat sie dann innerhalb ihrer Ausbildung das erste Mal jemand anderen tätowieren können – nämlich einen Kollegen. Wir finden ihre Arbeiten bisher großartig und wollen sie gerne auf ihrem weiteren Weg begleiten. Deshalb quatschen wir heute mal ein bisschen mit ihr über ihre Ausbildung und natürlich auch über Tattoos im Allgemeinen.
Hey, Liz! Freut uns, dass du Lust auf ein kleines Interview hast! Legen wir auch direkt mal los: Wie hat es bei dir selbst überhaupt mit Tattoos angefangen?
Ich war gerade 18 geworden und hatte zum Geburtstag von meinen Eltern etwas Geld geschenkt bekommen. Zwei Wochen später hatte ich dann direkt meine erste Sitzung bei Jukan für ein riesiges Chestpiece. Das fanden meine Eltern natürlich nicht so toll.
Ist natürlich auch ein krasser Einstieg, aber immerhin hast du fürs erste Tattoo direkt einen tollen Artist gefunden! Was wäre dein absoluter Pro-Tipp für Tattoo-Neulinge?
Also eine klare Red Flag sind definitiv Tätowierer, die Motive von anderen Künstlern eins zu eins übernehmen bzw. kopieren würden. Das ist echt nicht in Ordnung und mega unprofessionell. Es ist einfach total respektlos – sowohl dem Tätowierer als auch dem Kunden gegenüber!
Oh ja, das sehen wir natürlich genauso! Hast du denn auch schon einmal Erfahrungen mit Copycats machen müssen?
Mir wurde mal gesagt, dass mein Chestpiece kopiert wurde, aber davon habe ich nie ein Foto gesehen. Ich ärgere mich jetzt nicht täglich darüber, aber ich finde es einfach schade, dass es Menschen gibt, die so etwas machen und vor allem nötig haben.
Wie kam es eigentlich, dass du Tätowiererin werden wolltest?
Ich habe schon seit Jahren mit dem Gedanken gespielt, aber weil es grade in Städten wie Berlin eine unheimliche Konkurrenz an super talentierten Leuten gibt, die sich bei Studios bewerben, habe ich es gar nicht erst probiert. Sehr inspiriert hat mich übrigens Jukan, sowohl künstlerisch als auch menschlich. Bevor ich mich beworben habe, hat er sich meine Mappe angesehen und mir Mut gemacht.
Nachdem ich also damals auf Instagram gesehen hatte, dass “Pechschwarz” ihr Studio erweitern, habe ich über den gesamten Sommer über an meiner Mappe gearbeitet und bin dann einfach vorbeigegangen. Ich würde sagen, das hat ganz gut funktioniert.
Oh ja, das hat es wohl! Zum Thema Ausbildung: Wie stehst du eigentlich zu dem Vorschlag einer staatlich anerkannten Ausbildung fürs Tätowierhandwerk?
Das bräuchte es für mich nicht unbedingt, weil jeder Tätowierer ja irgendwo seine ganz eigene Technik hat. Essentiell fände ich aber ein Hygiene-Seminar oder sowas in der Art.
Tatsächlich wäre das wohl eine Grundlage, die wirklich jeder haben muss. Mal abgesehen von angemessener Hygiene, wie läuft denn für dich generell eine gute Tattoo Session ab?
Als Kunde finde ich es immer cool, sich über Musik auszutauschen und vor allem bei längeren Sitzungen neue Bands/Songs zu entdecken. Als Tätowiererin denke ich, es ist wichtig dem Kunden trotz Schmerz eine entspannte und angenehme Erfahrung zu bereiten. Eine Sitzung sollte sich immer eher wie ein Treffen mit Freunden anfühlen und nicht wie ein Termin beim Arzt.
Klingt gut! Was hältst du denn als Tätowiererin von Partner- oder Freundschaftstattoos?
Ich würde sagen, es kommt immer ganz auf das Motiv an. Den Namen eines Partners würde ich mir zum Beispiel niemals stechen lassen. Aber generell denke ich, Freundschaftstattoos sind etwas Schönes, das mit guten Erinnerungen verbunden ist – auch wenn manche Freundschaft nicht für immer hält.
Gibt es ein Tattoo an dir, das du besonders magst?
Mein Lieblingstattoo wäre mein Backpiece von Yonah Krank. Es ist einfach ein absolutes Meisterwerk geworden. Und ganz ehrlich – ich bin froh, dass ich das durch habe. Manche Stellen waren echt furchtbar. Wir haben vor Kurzem allerdings die Vorderseite angefangen. :P
Haha, wer kennt’s nicht? Was war denn hinsichtlich deiner Tattoos dein schönstes Erlebnis?
Das war an Weihnachten, als meine Mama mir gesagt hat, dass sie stolz ist, dass ich jetzt tätowiere.
So ein simpler Satz, aber so schön! Wie fallen die Reaktionen denn generell aus, wenn Leute erfahren, dass du tätowierst?
Bisher durchweg positiv!
Und im Alltag als tätowierte Frau, was hast du da für Erfahrungen gemacht?
Also ich habe eine Zeit lang neben meinem Studium gekellnert und wurde öfter von Gästen einfach ungefragt an den Armen angefasst. Das waren dann überwiegend Männer…
Oh man, das unerlaubte Anfassen kennen wohl die meisten leider. Wie sieht es bei dir mit Vorurteilen im Zusammenhang mit Tattoos aus? Erlebst du solche und wie gehst du damit um?
Ich glaube, mit diesen Vorurteilen wird jeder tätowierte Mensch früher oder später konfrontiert… Generell ist es mir egal, was Leute mit derartiger Meinung von mir denken; umso besser aber, wenn ich sie mit Freundlichkeit vom Gegenteil überzeugen kann. :)
Klingt nach einer guten Herangehensweise! Wie viele Selbstständige bekommen auch Tätowierer häufiger mal Anfragen von Freunden, die gegebenenfalls auch nach “Freundschatspreisen” fragen. Erlebst du das auch so und wie reagierst du darauf?
Ja, danach wird man echt oft gefragt. Das ist dann immer etwas schwierig – klar will man von Freunden kein Geld nehmen, aber man muss ja trotzdem noch seine Miete zahlen. Ich denke aber, wenn deine Freunde deine Arbeit zu schätzen wissen, sollten sie dich dabei unterstützen – respektvollerweise eben auch finanziell.
So sollte es wohl sein, ja. Und wir wären dann auch schon bei unserer letzten Frage angekommen: Sind Tattoos für dich Kunst?
Ja und nein. Tattoos sind für mich sowohl Kunst als auch Dienstleistung. Natürlich ist es eine Form von künstlerischer Selbstexpression, aber es ist eben auch eine Art Auftragsarbeit, die ich für den Kunden ausführe. Gerade das ist es aber, was mir am Beruf Spaß macht. Die Herausforderung gemeinsam mit dem Kunden ein Ergebnis zu erzielen – etwas, das uns beide glücklich macht.
Klingt, als wären deine Kunden in guten Händen! :) Danke, dass du dir die Zeit für uns und unsere Fragen genommen hast. Wir wünschen dir natürlich auch weiterhin viel Erfolg und freuen uns auf mehr von dir!
Vielen Dank auch an euch für das Interview. Ich freue mich echt riesig darüber!
Liz Majewski trägt unter anderem Kunstwerke von Jukan, Tanja Schulze und Yonah Krank.
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