Dein Support für Feelfarbig 🖤Hi! Schön, dass dir unsere Arbeit gefällt. Unsere Recherchen und Beiträge sind stets unabhängig und für dich kostenlos. Damit das auch so bleiben kann, freuen wir uns über Vielen Dank! ✌️
Hautnah: Gianna Moscato

Gianna Moscato (@yourhvndinmine) ist 34 Jahre alt und kommt aus Wanne-Eickel, direkt im Ruhrpott. Bereits mit 18 Jahren ließ Gianna sich ihr erstes Tattoo stechen und hat seitdem einige mehr sammeln können.
Die Motive, die ihre Haut zieren, haben für sie viel mit ihrer Vergangenheit zu tun. Einige von ihnen haben auch eine ganz besondere Bedeutung für sie. So dient ihr Körper ihr als eine Art Tagebuch, wobei jedes Tattoo einen kleinen Eintrag darstellt. Was genau ihre Tattoos für Gianna bedeuten und wieso sie bereits so jung in Rente gehen musste, erzählt sie euch hier.

Hey Gianna, dein erstes Tattoo hast du dir mit 18 stechen lassen. Was war das für ein Motiv und würdest du es dir heute immer noch genauso tätowieren lassen?
Mein erstes Tattoo waren zwei Lotusblüten auf meinem Bauch. Ich mag sie immer noch und bereue sie auch nicht.

Du hast uns im Vorfeld erzählt, dass du mit deinen 34 Jahren aus gesundheitlichen Gründen bereits Rentnerin bist. Magst du uns erzählen, wie es dazu kam und was du vorher gemacht hast?
Meine Ausbildung habe ich damals nach meinem Fachabitur als Veranstaltungskauffrau gemacht. Danach war ich in einem Call-Center und danach habe ich immer mal wieder im Verkauf in Klamottenläden gearbeitet. Auch im Altenheim habe ich mal eine Zeit lang als Betreuungsassistentin gearbeitet.
Ich habe schon seit vielen Jahren mit Depressionen zu kämpfen. War schon viermal in Kliniken sowie in Tageskliniken. Statt besser wurde es meist aber schlimmer, da immer was neues Negatives in meinem Leben passiert ist. Papa früh gestorben. Meine Mama, die meine beste Freundin ist, hat jetzt zum dritten mal Krebs gehabt und noch andere gesundheitlichen Probleme. Jetzt geht es ihr zum Glück wieder besser. Ich kämpfe immer noch. Zu den Depressionen kam dann noch eine Essstörung, wo ich in sehr kurzer Zeit über 20 kg abgenommen habe und nur noch 42 kg gewogen habe. So kam das dann mit der Rente. Stolz bin ich nicht darauf und ich habe mir mein Leben echt anders vorgestellt. Jetzt bin ich seit Januar wieder in Therapie und hoffe, dass ich mein Leben jetzt besser in den Griff bekomme.
Dann wünschen wir dir weiterhin viel Kraft für deinen Weg! Im Ruhrgebiet, wo du lebst, sind Tattoos ja keine Seltenheit. Fällst du trotzdem manchmal durch sie auf oder bekommst Kommentare von Fremden?
Ich wohne in einem kleinen Dorf in Wanne-Eickel. Klar gibt es immer wieder mal schiefe Blicke oder dumme Kommentare. Aber damit komme ich klar und es gibt ja auch zum Glück noch Menschen, die einem nette Komplimente machen wegen der Tattoos.

Wie suchst du dir deine Tätowierer*innen normalerweise aus?
Ich habe da keine bestimmte Methode. Mir müssen die Arbeiten gefallen und natürlich muss mir auch die Tätowiererin oder der Tätowierer sympathisch sein. Schließlich verbringt man ja eine gewisse Zeit und Stunden beim Tätowierer und ich muss mich dort wohl fühlen.
Momentan bin ich bei Elisabetha im Essener Studio „Glaube Liebe Hoffnung“. Bei ihr liebe ich es einfach. Sowohl ihre Arbeiten als auch sie als Person sind großartig. Sie versteht, wie ich es mir vorstelle und setzt es perfekt um!
Du hast uns verraten, dass deine Tattoos viel von deiner Vergangenheit erzählen. Magst du uns vielleicht die Geschichten hinter den einzelnen Motiven verraten?
Da gibt es wirklich so einige. Ich habe zum Beispiel eine riesige Narbe am Oberschenkel, die ich als Kind gehasst habe und für die ich mich auch geschämt habe. Das ist jetzt natürlich anders. Durch den Schriftzug und auch so, liebe ich diese Narbe jetzt.

Dann habe ich den Fingerabdruck meiner Mom tätowiert. Daraus wächst eine Mohnblume und unter dem Fingerabdruck steht „Schmuti“ – so nenne ich meine Mama immer!

Dann gibt’s noch eins, das die Hassliebe zu meinem Dad zeigt. Ich habe ihn tatsächlich gehasst. Er war kein guter Mensch, aber natürlich gab es auch Zeiten, in denen ich ihn trotz allem irgendwie geliebt habe.
Und natürlich meine Omi, für sie gibt es auch eins. Allerdings nur ihr Geburtsdatum überm Knie und darunter „Omi“. Und da sind noch einige mehr, allerdings sind die von ihrer Bedeutung her nicht die Wichtigsten für mich. Trotzdem liebe ich diese genau so sehr!
Nun sind Tattoos für dich mehr als nur ein Accessoire. Würdest du denn trotzdem sagen, dass Tattoos auch Kunst sind und wie definierst du Kunst?
Für mich sind Tattoos eine Art Therapie. Ich kann mich dahinter verstecken. Auch wenn ich mich noch so klein fühle, sieht man das von außen nicht.
Tattoos sind natürlich Kunst, finde ich. Andere malen Bilder auf eine Leinwand oder machen Kunst auf andere Art und Weise. Kunst kennt keine Grenzen und da ist es egal, wie und wo man diese austrägt.
Das war’s schon. :) Vielen Dank für deine Zeit!
Und ich danke euch! ❤
Gianna Moscato trägt unter anderem Kunstwerke von Eckel, Waldemar Avari und Elisabetha (Glaube Liebe Hoffnung).