Was kostet ein Tattoo? – Tabuthema Preis

Eigentlich eine einfache Frage, auf die es aber leider keine ganz so simple Antwort gibt, denn wie teuer ein Tattoo ist, lässt sich im Vorfeld oft nur grob abschätzen.
Also: Was kostet ein Tattoo?
Also: Was kostet ein Tattoo?

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„Ich möchte ein Rosen-Tattoo! Wie teuer ist das denn?“ – Eigentlich eine einfache Frage, auf die es aber leider keine ganz so simple Antwort gibt. Denn wie teuer ein Tattoo ist, lässt sich im Vorfeld oft nur grob abschätzen. Warum das so ist und wie sich ein Tattoo-Preis grundsätzlich zusammensetzt, haben wir mit Rebecca Bertelwick vom Atelier Kaninchenbau für euch erörtert.

Wir sprachen mit Rebecca Bertelwick über das "Tabuthema" Tattoo-Preis.
Wir haben mit Rebecca Bertelwick über das „Tabuthema“ Tattoo-Preis gesprochen.  /  Foto: Rebecca Bertelwick

Erster Schritt: Unbezahlte Ausbildung auf Kredit

Bereits der Einstieg in das Tätowierhandwerk ist mit vielen Kosten und wenig Einnahmen verbunden. Da Tätowierer*in in Deutschland kein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf ist, gibt es auch keine festen Regelungen. Zunächst kann also jeder, der für 20 bis 30 Euro ein Gewerbe anmeldet, theoretisch im Tattoo-Handwerk tätig werden.

Üblicherweise macht man jedoch erstmal eine Ausbildung. Rebecca hat uns nochmal die wichtigsten Punkte zur Ausbildung erklärt: „So eine Ausbildung dauert im Schnitt zwei bis drei Jahre. Dazu gehört sehr viel autodidaktisches Lernen und eine Menge Selbstdisziplin. Da es keine klassische, schulische Ausbildung ist, gibt es auch keine Regeldauer und generell keinen geregelten Ablauf. Hinzu kommt, dass die Ausbildung meist unentgeltlich bzw. selten sogar kostenpflichtig ist.“

Für Rebecca war ihre Ausbildung auch ein finanzielles Thema: „Ich selbst habe während meiner Ausbildung zur Tätowiererin sogar einen Kredit aufnehmen müssen. Ein 450-Euro-Nebenjob reichte einfach nicht, um alle Fixkosten wie Versicherung, Miete, Maschinen etc. zu decken. Viele andere haben sich von ihren Eltern unterstützen lassen – eben wie es in einer regulären Ausbildung auch häufig der Fall ist. Mit dem Tätowieren selbst macht man anfangs meist auch erstmal kein Geld, da man zunächst umsonst oder nur für den Materialpreis übt. Die Kund*innen tragen quasi ‚das Risiko‘ und man selbst trägt die Kosten für den Arbeitsaufwand.“

Generell sind die Tattoo-Preise bei Tätowierer*innen in der Ausbildung also deutlich geringer. Je nach Handhabung und Fortschritt verdient der Artist hierbei nichts oder zahlt sogar noch drauf. Daher kann man es gerade bei Tattoo Artists am Anfang ihrer Ausbildung mal in Betracht ziehen ein kleines (oder größeres) Trinkgeld dazulassen. Natürlich ist es bereits eine tolle Geste und große Hilfe, dass ihr euer Vertrauen und einen Teil eurer Haut hergebt – das ist keine Frage! Dennoch ist auch das Entlohnen einer Arbeit, mit der ihr zufrieden seid, eine große Unterstützung für aufstrebende Artists.

Mythos: Billig-Preise auf Tattoo Conventions

Wenn es ums Thema Tattoo-Preise geht, hält sich hartnäckig das Gerücht, dass man auf Conventions oft besonders günstig ein Tattoo abgreifen könnte. Doch gerade dort können Artists eigentlich keine Schnäppchen anbieten: „Die Gebühren für einen Platz auf einer Tattoo Convention variieren stark. Je nach Anzahl der Personen am Stand, gebuchten Metern und Bekanntheitsgrad der Messe gibt es Preisschwankungen. So kann ein kleiner Stand für zwei Tage ab 350 Euro für eine Person – bis hin zu 550 Euro pro Nase kosten. Ich kenne aber zum Beispiel auch Messen, bei denen sich die Standgebühren im vierstelligen Bereich bewegen.“

Arbeiten auf einer Messe heißt für Rebecca vor allem eines: „Viel Organisation. Meist muss man dafür sogar noch einen Tag vor und einen Tag nach der Messe im Kalender blocken, um alles geregelt zu bekommen. Merch bestellen, Banner produzieren lassen, Hotel buchen, Anfahrt planen – all das regelt und zahlt man selbst. Das bedeutet für Tätowierer*innen zusätzlicher Verdienstausfall und somit auch Verlust.“ Gerade wegen dieser Umstände und Umkosten sind Tätowierungen auf Conventions normalerweise nicht günstiger als bei einem regulären Besuch im Studio.

Verluste kalkulieren: Absagen und Anzahlungen

Im Einzelhandel ist es beispielsweise so, dass Ladendiebstähle sich auf die Preise auswirken. So tragen Verbraucher*innen im Endeffekt die enstehenden Verluste mit. Bei Tätowierer*innen klaut die Kundschaft in der Regel zwar nichts, doch Verluste bringt ein Bruchteil der Kund*innen dennoch mit sich. So gibt es zum Beispiel Kund*innen, die ihren Termin ohne Ankündigung nicht wahrnehmen. Dadurch entstehen dem Tattoo Artist Verluste, da sich nur selten spontan ein Ersatz für den nun freien Termin finden lässt.

Um Termine verbindlich zu machen und No-Shows zu vermeiden, nehmen Artists daher üblicherweise eine Anzahlung für Tattootermine. Rebecca sieht das nur als Kompromiss: „Mittlerweile nehme ich eine ziemlich hohe Anzahlung, denn 50 Euro tun leider den wenigsten Leuten weh. Mir selbst helfen die 50 Euro leider auch kaum weiter, wenn jemand einfach nicht zum Termin erscheint. Bei Tagessitzungen ist selbst eine hohe Anzahlung nicht mal ansatzweise ein Ersatz für den Verdienstausfall.“ Um mit solchen Verlusten umgehen zu können, muss man dieses Risiko auch bei seiner Preiskalkulation bedenken. Besonders in den Wintermonaten, wo kostspielige Feiertage und Grippe ihr Jahreshoch feiern, erhalten Tattoo Artists überdurchschnittlich viele spontane Absagen, die sie irgendwie kompensieren müssen.

Doch auch andere ganz alltägliche Dinge können Tätowierer*innen Schwierigkeiten bereiten. Eine Erkältung oder ein gebrochener Arm? Sich da eine angemessene Auszeit zu gönnen, gelingt nur mit viel Widerwillen. Denn eine Woche ohne Termine bedeutet eine Woche ohne Einkommen. Auch das Tätowieren selbst bringt Probleme mit sich: „Generell ist der Beruf durch die oft gebückte Haltung nicht besonders gut für den Rücken. Da kann man auch schon mal Probleme, Kosten und Ausfälle wegen haben. Man muss also wirklich konsequent Rücklagen bilden, um Ausfälle durch eigene Krankheit verschmerzen zu können.“

Miete, Strom, Wasser, Equipment und vieles mehr: Der Unterhalt eines Tattoostudios ist nicht günstig.
Miete, Strom, Wasser, Equipment und vieles mehr: Der Unterhalt eines Tattoostudios ist nicht günstig.  /  Foto: Rebecca Bertelwick

Shopmiete und Fixkosten

Generell ist alles, was mit Gewerbe zu tun hat, teurer als privat: „Der Quadratmeterpreis ist bei Gewerbeflächen oft höher als bei Wohnimmobilien am selben Standort. Bei Geschäftskonten sind die Gebühren höher als bei Privatkonten und wirklich jede Kontobewegung kostet etwas. Auch Strom, Müll, Internet etc. können im gewerblichen Bereich teurer sein als privat. Eine Zwangsmitgliedschaft in der IHK sowie ein jährlicher Beitrag abhängig vom Gewinn kommen auch noch hinzu.“

Wenn man sich etwas Stress ersparen möchte und Aufgaben abgibt, kommen natürlich noch weitere Kosten hinzu. Ob Aushilfe im Shop, Reinigungskraft oder gelegentliche Schaufensterreinigung – was man dort investiert, muss man am anderen Ende beim Tätowieren eben wieder reinholen. Wer ein Gewerbe hat, zahlt außerdem natürlich noch Steuern: „Man zahlt Einkommensteuer und Gewerbesteuer. Außerdem sind in jedem Tattoopreis auch die üblichen 19 % Mehrwertsteuer enthalten, die direkt ans Finanzamt gehen.“

Wer anders als Rebecca keinen eigenen Shop hat, zahlt jedoch auch: „Viele Tätowierer*innen arbeiten in Studios, wo sie eine feste Platzmiete haben. Diese beinhaltet manchmal sogar nur den Arbeitsplatz, teils aber auch etwas Verbrauchsmaterial. Nadeln und Farben muss man jedoch eigentlich immer selbst kaufen.“ Neben festen Platzmieten, gibt es auch Tätowierer*innen, die Prozente an den Shop zahlen, in dem sie arbeiten. Dort zahlt man monatlich abhängig von der Höhe seiner Einnahmen dann mal mehr, mal weniger.

Beim eigenen Studio hören die monatlichen Ausgaben aber noch lange nicht auf…
Beim eigenen Studio hören die monatlichen Ausgaben aber noch lange nicht auf…  /  Foto: Rebecca Bertelwick

Kinderwunsch? Puh, nicht so einfach!

Auch das Erfüllen eines Kinderwunschs ist für Selbstständige oft nicht einfach: „Es gibt weder Elternzeit noch Mutterschutz für selbstständige Schwangere. Man kann zwar finanziell vorplanen und auch Elterngeld ist möglich, jedoch darf man dann nur wenige Stunden pro Woche arbeiten. So kann man bei einem eigenem Lokal nicht mal alle Fixkosten decken.“ Von den dazugehörigen Ängsten, Hürden und auch dem Überwinden dieser haben uns hier bereits ein paar tolle Tätowiererinnen und Mütter berichtet.

Materialkosten: Einweg, Mehrweg und Verfallsdaten

Das meiste Material beim Tätowieren landet nach einmaligem Gebrauch im Müll. Allerdings gibt es einige wenige Teile, die mehrfach verwendet werden können – zum Beispiel Metallgriffstücke für die Maschine, die stets sterilisiert werden müssen.

Bei Griffstücken läuft es zum Beispiel so ab: „Griffe muss man zunächst unter Wasser von Schmutz und Farbe befreien. Danach muss man sie für eine vorgeschriebene Zeit in Desinfektionsmittel einlegen. Danach packt man sie in den Sterilisator. So ein Sterilisator kann 1000 Euro oder mehr kosten und muss jährlich gewartet werden, wobei die Kosten pro Wartung zwischen 100 und 300 Euro liegen.“ Somit ist selbst Material, das mehrfach genutzt wird, mit gewissen Kosten verbunden.

Alles, was bei einer Tattoo-Sitzung verbraucht wird, fließt direkt in den Preis mit ein: „Generell muss man nach jeder Sitzung alles putzen und desinfizieren oder wegwerfen. Der Arbeitsplatz wird dann für den Folgetermin natürlich komplett neu aufgebaut. Bei einem Tattoo fließt all das in den Preis mit ein. Selbst die Frischhaltefolie, Süßigkeiten, die Liegenabdeckung oder das Klopapier auf dem Kunden-WC werden da bedacht. Also viel mehr als nur das Offensichtliche wie Nadeln und Farben.“

Aber Tattoo-Farben, die nur selten genutzt werden, sollten doch ewig halten, oder? Leider nein, denn diese haben ein Verfallsdatum: „Farben sind teilweise nach Anbruch nur sechs oder zwölf Monate haltbar. Nadeln hingegen halten verpackt mehrere Jahre – da ist der Verlust nicht so hoch.“

Warum ist der Tattoo-Preis so ein Tabuthema?

Für Rebecca selbst sind Tattoo-Preise kein Tabu: „Ich habe stets versucht, direkt offen und ehrlich einen groben Preis festzulegen. Da bin ich gerne transparent, denn ich habe keine Lust auf späteres Verhandeln und auch keine Ahnung, warum da viele so undurchsichtig sind.“ Dass in Deutschland generell nicht gerne über Geld gesprochen wird, spielt wahrscheinlich auch etwas mit rein.

Nicht jeder geht so offen mit seinen Preisen um. Viele Kund*innen können sich die „hohen“ Preise oft nicht erklären und empfinden Kosten als unfair: „Es ist nun mal ein sensibles Thema, bei dem die Meinungen extrem auseinander gehen. Ich denke, der Preis eines Tattoos ist fast immer individuell und von zahlreichen Faktoren abhängig. Größe, Stil, Aufwand oder Körperteil sind nur ein paar davon. Viele verstehen ja die Preiskalkulation schon bei ’normalen‘ Handwerkern nicht oder fühlen sich über den Tisch gezogen. Bei einem Tattoo bezahlt man in der Regel aber nicht nur die handwerkliche Leistung und Dienstleistung, sondern auch das künstlerische Schaffen.“

Beratung, Recherche und Zeichnen sind oft zeitaufwendig, vor allem bei komplexen Projekten wie Sleeves. Diese Zeit fließt natürlich auch in den Preis mit ein, denn ohne diesen Arbeitsaufwand könnte das Motiv nicht entstehen. Und ohne Motiv kein Tattoo – logisch: „Das sehen viele Kund*innen jedoch leider nicht ein, da es für sie nur ‚hinter den Kulissen‘ passiert.“

Also: Was kostet ein Tattoo? - Thema Preis
Also: Was kostet ein Tattoo?

Was kostet ein Tattoo nun?

Am Ende lässt sich nur sagen, dass ein Tattoo das kostet, was der Tattoo Artist dafür verlangt. Ja, das ist zwar nicht die Antwort, die man hören möchte, doch es gibt einfach keine feste Regeln oder gängige Stundensätze, an denen sich alle orientieren. Daher schwanken die Tattoo-Preise je nach Tätowierer*in, Stadt, Land oder Stil auch sehr stark. Dennoch ist generell davon abzuraten, sich Preisvorschläge bei mehreren Tätowierer*innen einzuholen und sich für das billigste Angebot zu entscheiden. Denn auch wenn ein hoher Preis nicht immer Qualität bedeutet, ist ein besonders günstiger Preis häufig ein Warnzeichen.

Da ihr jetzt wisst, welche „versteckten“ Kosten in ein Tattoo miteinfließen, könnt ihr Tattoo-Preise von nun an vielleicht besser nachvollziehen und einschätzen. Bedenkt jedoch stets, dass Tattoos kein Muss, sondern ein absoluter Luxus sind. Daher ist beispielsweise ein finanzieller Engpass eurerseits kein Grund für eine Preisverhandlung, sondern maximal für eine Terminverschiebung.

Erfahrung und Ehrlichkeit

Wer mehrere Tätowierungen und Erfahrung gesammelt hat, entwickelt mit der Zeit ein Gefühl für Tattoo-Preise. Auch wenn diese je nach Artist stark variieren, lernt man den Aufwand hinter einem Tattoo besser einzuschätzen. Je nach Artist kann man mit seiner Schätzung aber natürlich auch mal komplett falsch liegen – das ist nicht zu vermeiden.

Gebt eurem Tattoo Artist direkt bei der ersten Kontaktaufnahme ausreichend viele Infos, damit er*sie euch einen groben Preisrahmen nennen kann. Solltet ihr nur ein bestimmtes Budget für euer Tattoo zur Verfügung haben, teilt es eurem Tattoo Artist direkt mit. So kann er*sie das Motiv im Optimalfall auf euch und euer Budget zuschneiden, sodass alle zufrieden sind!

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