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Marcel Mack ist 24 Jahre alt und aktuell Tattoo Apprentice im Stechwerk Kempten. Aufgrund seiner schon jetzt herausragenden Arbeiten sind wir bereits vor einiger Zeit auf ihn aufmerksam geworden und haben ihn ein wenig mit Fragen gelöchert.
Hey Marcel, eine Ausbildung zum Tätowierer fängt man ja nicht einfach so an. Erzähl uns doch mal, wie du in die Szene gerutscht bist!
Das war damals so: Joshi, einer meiner besten Freunde, wollte mal wieder ein Tattoo und hatte eine genaue Vorstellung. Da ich mich schon seit langem mit Kunst und Zeichnen beschäftigt habe – damals wollte ich noch Concept Artist für Games werden – hat er mich darum gebeten, ihm die Vorlage für sein Tattoo zu zeichnen.
Als er sich dann meinen Entwurf bei einem – naja, sagen wir – „Dorf-Tätowierer“ stechen ließ, ist das Ganze in eine Katastrophe ausgeartet. Das Tattoo hatte nichts mit der ursprünglichen Vorlage zu tun. Also haben wir uns auf die Suche nach jemandem gemacht, der das Tattoo noch retten konnte, und sind im Stechwerk Kempten gelandet.
Nachdem sich Eugen das Desaster auf dem Arm angeschaut hatte, wollte er gern die Vorlage dafür sehen. Er war dann von meiner Arbeit so beeindruckt, dass er noch mehr sehen wollte und hat mir daraufhin tatsächlich direkt einen Job bei ihm angeboten.
…und dann hast du direkt angefangen?
Ich war noch mitten in meiner Ausbildung zum technischen Produktdesigner, doch der Gedanke ließ mich nicht mehr los: Hatte ich wirklich die Möglichkeit von meiner Kunst und meinem Können zu leben?
Und so wurde ich immer tattoo-interessierter, hab mein erstes Tattoo gestochen bekommen und mein Zeichenstil hat sich immer weiter in eine tätowierbare Richtung entwickelt.
Letztendlich hab ich mir eingestanden: Ich muss das Angebot im Stechwerk Kempten annehmen! Also habe ich meinen Job als technischer Produktdesigner gekündigt, meine sieben Sachen gepackt und bin nach Kempten gezogen, um dort meinen Traum zu verwirklichen.
Tolle Geschichte. Doch natürlich thematisch auch ein ganz anderer Zweig. Woher holst du dir Inspiration für deinen neuen Job?
Bei meinen Arbeiten lasse ich mich größtenteils von Artists wie Eckel, Toni Donaire, Alex Dörfler, Daniels Bauti, Alphonse Mucha und vielen vielen mehr inspirieren.
Vor allem aber von der vielfältigen Tierwelt, die mich immer wieder überrascht und staunen lässt. Diese wunderschönen Wesen zu entdecken, zu studieren und in neuen Perspektiven in meinen Werken verarbeiten zu können macht so viel Freude.
Tierdokus eignen sich dabei hervorragend, da ich dadurch auch mir bisher unbekannte und interessante Tierarten entdecken kann. Am liebsten würd’ ich meine Inspiration natürlich von echten Tieren bekommen. Sie in echt zu sehen, gestaltet sich aber ja in der Regel jedoch recht schwierig. Deshalb bleibe ich sonst fürs Erste bei Internetbildern.
Den Großteil meiner Freizeit nutze ich dazu, mich beim Zeichnen und Malen weiterzuentwickeln. Ich versuche jede Woche mindestens ein Wasserfarbenflash zu malen und jeden Tag eine Skizzenbuch Seite zu füllen.
Das klingt unglaublich motiviert! Weißt du schon, wann du erste Mal die Nadel in die Hand nehmen wirst?
Hab’ ich schon! Anfang des Jahres habe ich mein erstes Tattoo an mir selbst gestochen – ein Auge auf dem Knöchel. Es war, muss ich sagen, eine sehr surreale Erfahrung und ich habe gemerkt, dass ich noch einen weiten Weg vor mir habe.
…den du aber sicherlich sehr gut meistern wirst! Wie sieht dein Alltag eigentlich abseits des Zeichnens aus?
Zur Zeit lebe ich größtenteils von dem Geld, das ich während meiner Zeit als technischer Produktdesigner verdient habe. Des Weiteren bin ich im Laden angestellt und berate die Kunden vorne am Tresen, putze den Laden und erledige alles, was über den Tag anfällt.
Abgesehen davon besuche ich so oft wie möglich meine Freunde und gehe mit ihnen auf Metal- und Hardcore-Konzerte!
Wie hat dein Umfeld eigentlich auf den Jobwechsel reagiert? Du bist noch relativ jung. Ich kann mir vorstellen, dass deine Eltern erstmal keine Fans von der Idee waren?
Meine Eltern waren von der Idee wirklich überhaupt nicht angetan. Ihr Sohn kündigt seinen sicheren Job für das “böse” Tätowieren. Jedoch haben sie sich nach kurzer Zeit beruhigt und unterstützen mich mittlerweile so gut es geht!
Sie merken, dass mir der Job besser gefällt und ich mich endlich richtig entfalten kann. Auch der Umzug weg von den Freunden war nicht sehr einfach.
Meinst du, es wäre anders gewesen, wenn das “Stechwerk” ein Illustrations- statt Tattoostudio gewesen wäre? Und hättest du auch genauso schnell angenommen?
Das ist eine wirklich gute Frage. Ein paar Jahre früher hätte ich sogar eher einem Illustrationsstudio statt einem Tattoostudio zugesagt. Jedoch habe ich mich über die Jahre in den Look von Tattoos auf der Haut verliebt und möchte selbst Farbe unter die Haut bringen, statt nur aufs Papier. Deshalb hätte ich dem Illustrationsstudio vermutlich abgesagt.
Es ist einfach eine unglaubliche Ehre, dass dir Jemand so großes Vertrauen entgegenbringt und deine Kunst für immer auf seiner Haut tragen möchte. Ich meine, es ist immerhin ein Tattoo. Kein Gemälde, welches man einfach so auswechseln oder abhängen kann.
Ist es denn deiner Meinung nach trotzdem auch Kunst?
Das Tätowieren gehört für mich auf jeden Fall zu den bildenden Künsten. Man hat eine leere “Leinwand”, auf der man etwas kreiert. Man gibt sein Bestes, um diese Leinwand so schön zu gestalten, wie es nur geht. Ich finde, jede Tätigkeit, die angegangen wird und bei der man etwas mehr oder weniger aus dem Nichts kreiert, gehört zu den bildenden Künsten.
Wie wahr! Vielen Dank für deine Zeit.
Danke euch!
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