Sportübungen und Tipps vom Trainer gegen Rücken­schmerzen für Tätowierer­*innen

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Wer in seinem Beruf viel sitzt, kennt es wohl: Rückenschmerzen. So sind auch zahlreiche Tätowierer*innen davon betroffen, da sie täglich meist mehrere Stunden in den unmöglichsten Positionen über ihren Kund*innen hängen. Auch unsere Autorin Sinah kennt das nur zu gut! Daher hat sie sich Personal Trainer Sebastian Stühmer für euch geschnappt, um ein paar hilfreiche Infos, Übungen und Tipps gegen Rückenschmerzen abzugreifen!

Personal Trainer Sebastian Stühmer /  Foto: Privat
Personal Trainer Sebastian Stühmer / Foto: Privat

Sebastian, du kennst dich ja bestens aus! Wie schädlich ist die ungünstige Körperhaltung beim Tätowieren für den Rücken?

Unser Körper ist für Bewegung gemacht. Daher ist es grundsätzlich schwierig, wenn man sich lange in einer Position befindet. Erstrecht, wenn diese nicht wirklich der natürlichen Grundhaltung entspricht. Ich vermute, dass dies beim Tätowieren zumeist der Fall ist, da der Tätowierer sicherlich oft nach vorn übergebeugt sitzt, mit eingefallenen Schultern und geneigtem Kopf. Das ist verständlich, um bestmöglich zu arbeiten, sich zu konzentrieren und tolle Ergebnisse zu erzielen.

Auf der anderen Seite wird wahrscheinlich oft am Tag der Nacken und obere Rücken wehtun und vielleicht sogar nach Feierabend noch schmerzen. Durch diese andauernde einseitige Belastung, kann sich die Fehlposition in den Alltag übertragen. Das wiederum kann dazu führen, dass der Bewegungsradius eingeschränkt wird. Man steht nicht mehr aufrecht, sitzt nicht gerade und kann vermutlich die Arme nicht vollständig ausstrecken und nach oben bewegen.

Sarah mit einer Freihantel / Foto: Sinah Ra
Sarah mit einer Freihantel / Foto: Sinah Ra

Je später man anfängt etwas dagegen zu tun, umso schwieriger wird es sein, diese Beweglichkeit wieder vollständig herzustellen.

Ohje, das klingt dramatischer, als ich befürchtet hatte. Und was kann man dagegen tun? Gibt es schnelle Übungen für zwischendurch, die man vielleicht während einer kleinen Pause beim Tätowieren machen kann?

Oftmals geht man ganz automatisch in eine Lockerung, wenn man lange Zeit in einer Position war. Man kreist die Schultern, dreht den Oberkörper von links nach rechts oder legt den Kopf und den Nacken und von einer Seite zur anderen. Genau diese Dinge kann man sich schon zwischendurch zu Nutzen machen, Verspannungen vorbeugen und der zu lange andauernden Fehlposition entgegenwirken.

Sitzend oder stehend können die Arme gestreckt nach vorn bewegt werden, um dann in dieser Position über den Kopf zu gehen. Dann oben am äußersten Punkt der Dehnung in kleinen Intervallen vor- und zurückbewegen. Dabei können die Handflächen so gedreht werden, dass sie erst zueinander, dann nach vorn und dann nach außen zeigen.

Sarah demonstriert die Armstreckung zur Vorbeugung von Verspannungen und Rückenschmerzen. / Foto: Sinah Ra
Sarah demonstriert die Armstreckung zur Vorbeugung von Verspannungen und Rückenschmerzen. / Foto: Sinah Ra

Anschließend die Arme auf Schulterhöhe zur Seite ausstrecken. Auch hier bewegt man die Arme so weit es geht nach hinten und schwingt diese wieder leicht vor und zurück. Erneut können die Hände in alle Richtungen gedreht werden.

Anschließend die Fingerspitzen zusammen vor dem Bauch platzieren und die Brust nach vorn schieben. Während sollte man die Schultern nach hinten unten zusammen ziehen. Dann langsam nach links drehen und am äußersten Punkt wieder langsam in kleinen Bewegungen vor- und zurückgehen. Dasselbe im Anschluss auf der anderen Seite wiederholen.

So hat man mit nur drei kurzen Dehnungen direkt viele Bereiche des Rückens angesprochen und diese kurz, aber effektiv aus der Fehlhaltung rausgenommen.

Gibt es noch etwas neben Bewegung, das hilfreich sein könnte? Wie sieht es mit der Ernährung aus?

Grundsätzlich ist eine bewusste und ausgewogene Ernährung immer von Vorteil. Besonders, wenn man der Auswahl von Gemüse und Obst auf die Verteilung der Mikronährstoffe achtet. So werden Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenken alles zur Verfügung gestellt, was sie benötigen, um bestmöglich funktionieren zu können.

Jedoch kann die Ernährung den Sport nicht ersetzen. Beides bedingt sich gegenseitig und funktioniert im Zusammenspiel miteinander optimal.

Häufig liest man, das ganzheitliches Training wichtig wäre. Was bedeutet das und wie siehst du das?

Bei einem ganzheitlichen Training werden alle Bereiche der Muskulatur gleichermaßen angesprochen und gefordert. So gleichen sich mit der Zeit muskuläre Dysbalancen aus und die körperliche Fitness wird auf ein Level gebracht.

Ergänzt man dies mit regelmäßigem Mobilitäts-Training und Cardio-Einheiten, verbessert sich die Haltung und das Herz-Kreislaufsystem wird gestärkt. Die Kombination aus den drei Punkten stellt aus meiner Sicht das optimale Training für einen gesunden Körper dar.

Tarek demonstriert Klimmzüge mit Gummiband zur Unterstützung / Foto: Sinah Ra
Tarek demonstriert Klimmzüge mit Gummiband zur Unterstützung / Foto: Sinah Ra

Klingt plausibel. Kommen wir aber nochmal auf den Rücken zurück. Was für Übungen empfiehlst du, um den Rücken langfristig zu stärken und Rückenschmerzen zu bekämpfen?

Abhängig davon, wie oft man die Woche trainiert, baut sich der Trainingsplan auf. Dies ist durch die Regenerationszeit der jeweils beanspruchten Muskulatur bedingt. Bleiben wir als Beispiel bei einem klassischen Ganzkörper-Training, welches zwei- bis dreimal die Woche ausgeführt wird.

1. Kniebeugen (z.B. mit der Langhantel) kräftigen primär Beine und Po.
2. Kreuzheben stärkt den unteren Rücken.
3. Ziehende Übungen wie Klimmzüge oder vorgebeugtes Rudern stärken den oberen Rücken.
4. Bankdrücken (mit Lang- oder Kurzhanteln) spricht Brust, Schultern und Trizeps an.

Sarah zeigt Squads mit Freihantel / Foto: Sinah Ra
Sarah zeigt Squads mit Freihantel / Foto: Sinah Ra

Zusätzlich kann man den Fokus auf einen bestimmten Bereich legen. Übungen, wie beispielsweise Reverse Flies oder ein Split an der Kinesis-Maschine sprechen noch einmal isoliert den Bereich von Nacken und oberen Rücken an.

Nun können sich viele, und dazu gehören wahrscheinlich auch einige Tätowierer*innen, nach oder vor der Arbeit nur schwer für Sport motivieren. Wann merke ich denn die ersten Erfolge und wie schaffe ich es dranzubleiben?

Erste Resultate in Kraft und Haltung stellen sich bei korrekter Ausführung eines sinnvollen Trainingsplans schon nach wenigen Wochen ein. Das hält den Spaß am Sport oben und motiviert zum Weitermachen.

Jedoch darf man hierbei nicht vergessen, dass, wenn man ggf. über Jahre hinweg alles vernachlässigt hat, dies mit ein paar Besuchen im Fitnessstudio leider nicht zu 100 % korrigiert ist. Daher sollte es für jeden das Ziel sein, eine Routine in Sport und Ernährung zu entwickeln, um den eigenen Körper langfristig fit zu halten.

Auch die hier von Tarek gezeigte Kopfdehnung kann schon Verspannungen lockern! / Foto: Sinah Ra
Auch die hier von Tarek gezeigte Kopfdehnung kann schon Verspannungen lockern! / Foto: Sinah Ra

Dass es einem körperlich besser geht, ist natürlich schon motivierend. Aber in der Realität fällt es einem ja doch schwerer so eine Routine ins Leben zu bringen. Hast du noch mehr Tipps für die weniger Motivierten unter uns?

Jeder muss für sich herausfinden, welches Ziel er verfolgen möchte. Entweder in Bezug auf die Gesundheit, die Leistung oder die Optik. Wenn man einen guten Grund hat, warum dieses Ziel so wichtig ist, ist dies Motivation genug, um dauerhaft dran zu bleiben.

Nimmt man sich einen Moment Zeit und überlegt, welche Dinge einem im Leben wichtig sind, wird einer davon immer die Gesundheit sein. Diese erhält sich jedoch nicht von allein. Somit sind Training und Ernährung wichtige Teile der Lösung. Das Schöne daran ist, dass sich Optik und Leistung direkt mitentwickeln und somit alles gleichermaßen angesprochen wird. Ist einem das erstmal bewusst, ist der erste Schritt getan.

Wer noch lange Freude am Tätowieren haben will, sollte sich gut um sich selbst kümmern. Danke für das Interview und die Tipps gegen Rückenschmerzen, Sebastian!

Klar, gerne!

Infos

Mehr über Personal Trainer Sebastian Stühmer findet ihr auf seiner Website sebastianstuehmer.com und natürlich bei Instagram.

Vielen Dank an unsere beiden Sportmodels
Sarah und Tarek!

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