„Opt.Ink“ – Organspende durch Tattoo zustimmen?

Im Januar 2023 hat der gemeinnützige Verein „Junge Helden“ seine Tattoo-Kampagne unter dem Namen „Opt Ink“ gelauncht. Hierbei können sich Interessierte in bestimmten Tattoo-Studios kostenlos das für die Kampagne entworfene „Organspende-Tattoo“ tätowieren lassen.
"Opt.Ink" - Organspende durch Tattoo zustimmen?
„Opt.Ink“ – Organspende durch Tattoo zustimmen?

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Im Januar 2023 hat der gemeinnützige Verein „Junge Helden“ seine Tattoo-Kampagne unter dem Namen „Opt.Ink“ gelauncht. Hierbei können sich Interessierte in bestimmten Tattoo-Studios kostenlos das für die Kampagne entworfene „Organspende-Tattoo“ tätowieren lassen.

Wer sind die „jungen Helden“?

„Junge Helden“ ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, welcher 2003 gegründet wurde und sich dem Thema Organspende widmet. Als Ziel nennt der Verein die Aufklärung Jugendlicher und junger Erwachsener über Organspende, um sie zu motivieren, eine Entscheidung zu treffen und diese Angehörigen und Freund*innen mitzuteilen.

Zu seinem 20-jährigen Bestehen hat der Verein nun eine Kampagne gestartet, bei welcher Interessierte sich ein extra hierfür entworfenes Organspende-Motiv kostenloses tätowieren lassen können. Die Aktion läuft unter dem Namen „Opt.Ink“ und ist an den englischen Begriff „Opt-in“ angelehnt, welcher auch häufig für die Zuspruchsregelung beim Thema Organspende verwendet wird.

Das Tattoo-Studio "Beechhouse" hat Organspendeausweise für ihre Kund*innen ausliegen.
Das Tattoo-Studio „Beechhouse“ hat Organspendeausweise für ihre Kund*innen ausliegen.

Ersetzt das Tattoo einen Organspendeausweis?

In einem Instagram-Beitrag vom 16.01.2023 schreibt der Verein: „Heute vor drei Jahren hat der Deutsche Bundestag die Widerspruchsregelung abgelehnt und ließ rund 10.000 Menschen auf der Warteliste, auf der im Schnitt 3 Menschen pro Tag sterben. Anlässlich dieses traurigen Jahrestags haben wir uns entschieden #optink zu starten: ein Tattoo, das gleichzeitig ein Organspendeausweis ist.“ – Doch, Achtung! Tatsächlich ersetzt die Tätowierung den Organspendeausweis nicht ohne Weiteres. Beispielsweise gibt es auf dem Ausweis noch die Möglichkeit, bestimmte Organe von der Spende auszuschließen oder eine Person einzutragen, welche darüber entscheiden soll. Das Tattoo hingegen kann lediglich als Zustimmungsnachweis angesehen werden und es ist zusätzlich absolut notwendig, deine Angehörigen über deine Entscheidung zu informieren. Denn sie sind es, die dann letztlich über eine Organspende entscheiden müssen.

So schreibt auch „Junge Helden“ auf ihrer Website Folgendes zur Thematik: „Die Tätowierung ist kein offizielles Dokument. Es ist jedoch eine Willenserklärung, die dann wirkt, wenn deine Angehörigen wissen, dass es für deine Entscheidung pro Organspende steht.“ Hier liegt auch aktuell noch der Unterschied zum Organspendeausweis oder anderen rechtlich verbindlichen Dokumenten. Denn wenn du deine Entscheidung für eine Organspende schriftlich dokumentiert hast, müssen Ärzt*innen deine Angehörigen nur noch über die Organentnahme informieren – eine Entscheidung müssen sich dann nicht mehr treffen.

Ein Tattoo ist nicht rechtsverbindlich

Auch Dr. Konrad Schwarzkopf, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin im Klinikum Saarbrücken, hat sich in einer Pressemitteilung zum Organspende-Tattoo geäußert. Dort erklärt er, dass ein Tattoo keine rechtsverbindliche Willenserklärung darstellt und im Endeffekt nichts erleichtert: „Schließlich kann man seine Meinung jederzeit ändern, ohne das Tattoo entfernen zu lassen. Für die Willenserklärung ist deshalb immer eine Festlegung im Organspendeausweis oder in der Patientenverfügung verpflichtend“. Dennoch betont er, dass die Aktion an sich gut ist, da sie die Aussprache zum Thema Organspende innerhalb der Familie beflügeln kann.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt zum Thema noch folgende Informationen: „Neben dem Organspendeausweis oder der Patientenverfügung kann Ihre Entscheidung auch auf jedem anderen Schriftstück festgehalten werden. Wichtig ist, dass Ihr Wille eindeutig formuliert und von Ihnen unterschrieben ist. So sind Ihre Angaben rechtlich verbindlich.“

Was, wenn ich meine Meinung ändere?

Solltest du dir das Motiv tätowieren lassen und dich in Zukunft doch gegen eine Organspende entscheiden wollen, werden eine Tattoo-Entfernung oder ein Cover-Up des Organspende-Tattoos nicht kostenlos sein.

Solltest du die Tätowierung also auf der Haut tragen und kein*e Spender*in mehr sein wollen, solltest du auch in diesem Fall unbedingt deine Angehörigen informieren. Halte deine Entscheidung am besten zusätzlich noch schriftlich und rechtlich verbindend fest.

Neben der Patientenverfügung bleibt der Organspendeausweise die sicherste Methode deine Bereitschaft zu Spende festzuhalten.
Neben der Patientenverfügung bleibt der Organspendeausweise die sicherste Methode deine Bereitschaft zu Spende festzuhalten.

Ein gutes Zeichen

Auch wenn das Organspende-Tattoo nicht offiziell ist und keine rechtlich verbindlichen Dokumente ersetzen kann, setzt du damit ein klares Zeichen. Das Tattoo funktioniert nämlich nur, wenn du anschließend auch mit deinen Angehörigen ins Gespräch gehst. Genau das ist immerhin auch ein Teil der Ziele des Vereins. Mit ihrer Aktion haben sie zumindest schon jetzt große Aufmerksamkeit auf das Thema lenken können.

Fun Fact: Bereits 2020 startete die Familie Wickboldt aus Nordfriesland eine ähnliche Tattoo-Aktion. Auch sie entwarfen ein Tattoo-Motiv, welches dafür stehen soll, dass man einer Organspende zustimmt. Dabei haben sie sich damals auch mit einem Tätowierer zusammengetan, der ihr Projekt unterstützt und ihr Pro-Organspende-Motiv kostenlos tätowiert hat.

Achte bitte auf Qualität

Das Opt.Ink-Tattoo-Motiv, welches aus einem Kreis und zwei Halbkreisen besteht, hat der südkoreanische Tätowierer Gara entworfen. Erklärt wird das Motiv wie folgt: „Ein Halbkreis wird mit einem weiteren Halbkreis zum Ganzen. Ein Symbol für das Geschenk des Lebens – die Organspende. Die geometrischen Formen bilden das Akronym für Organ Donor (Anm: engl. Organspender)“.

In unseren Augen eignet sich das Design leider nicht optimal für so eine Aktion, da besonders minimalistische, geometrische Motive nicht von jedem Tattoo Artist handwerklich entsprechend ästhetisch umgesetzt werden können. Sicher wird das Motiv in der Regel klar erkennbar sein und somit seinen Zweck erfüllen, doch unförmige Kreise und wackelige Linien sind dennoch unerfreulich. Zwar können die Tätowierer*innen dem Motiv eine eigene Note verleihen oder es in größere Motive einbinden, doch das Grunddesign mit den Halbkreisen soll dabei erhalten bleiben.

Diese Problematik gibt es bei Tattoo-Aktionen prinzipiell immer, da in der Regel keine Qualitätskontrolle der teilnehmenden Studios vorgenommen werden kann. Achte also bitte auch bei einer solchen Aktion mit gutem Zweck, die ein kostenloses Tattoo verspricht, weiterhin darauf, von wem du dich tätowieren lasst. Schließlich wirst du am Ende sicher noch viel lieber über dein Tattoo und dessen Bedeutung mit anderen sprechen, wenn es entsprechend schön umgesetzt ist!

Verwechslungsgefahr oder versteckt?

Da das Opt.Ink-Symbol nicht offiziell anerkannt ist, wird auch medizinisches Fachpersonal nicht immer über die Bedeutung informiert sein. Aktuell schätzen wir es auch eher als unwahrscheinlich ein, dass das Organspende-Tattoo schon bald ein offizielles Dokument ersetzen kann.

Dies liegt zum einen daran, dass es aufgrund der Einfachheit des Motivs zur Verwechslung mit völlig bedeutungslosen geometrischen Tätowierungen kommen könnte. Zum anderen kann es gerade bei stärker tätowierten Personen schon eine Herausforderung sein, das Opt.Ink-Design inmitten zahlreicher anderer Tattoos zu finden.

Falls es dir also wichtig ist, dass das Organspende-Tattoo klar erkennbar und gut zu finden ist, sollte es sich zum Beispiel stilistisch klar von umliegenden Tattoos abgrenzen. Eine Platzierung mitten auf einem Sleeve, der nur aus geometrischen Designs besteht, wäre also eher ungünstig.

Wie bekomme ich das Organspende-Tattoo?

Das Motiv kannst du dir in allen teilnehmenden Studios kostenlos tätowieren lassen. Dabei musst du die genauen Konditionen nochmal mit dem Studio selbst abklären. Eine aktuelle Karte der Tattoo-Studios findest du auf der Website des Vereins.

Die Kosten für Material und Arbeitsaufwand werden bei dieser Aktion vom Tattoo Artist selbst übernommen und nicht vom Verein getragen. Am besten wäre es also, wenn du ohnehin einen Tattoo-Termin für ein anderes Motiv vereinbaren möchtest und das Organspende-Tattoo dann direkt in derselben Sitzung umsetzen lässt. So kann dein*e Tätowierer*in sich immerhin die Materialkosten einmal sparen und hat mehr Kapazitäten für weitere Organspende-Tattoos.

Wie kann ich das Projekt als Tätowierer*in unterstützen?

Auch Tätowierer*innen können sich auf der Website von „Junge Helden“ informieren. Dort können sie sich außerdem direkt beim Verein melden, um an der Aktion teilzunehmen.

Darüber hinaus stellt der Verein für Studios ein „Playbook“ mit weiteren Infos zur Verfügung. Dort findest du vorgefertigte Texte, um deine Follower*innen schnell und einfach über das Thema Organspende zu informieren.

Solltest du an der Aktion teilnehmen, denk bitte daran, dass gerade das Teilen der Informationen zum Thema besonders wichtig ist. Wenn du also das fertige Tattoo postest, solltest du eine passende Caption dazu vorbereiten. Außerdem halten wir auch den Hinweis darauf, dass die Tätowierung ohne Weiteres keinen Organspendeausweis oder eine Patientenverfügung ersetzt, für wichtig. Diese Info fehlt jedoch in den Texten, die von „Junge Helden“ bereitgestellt werden, leider.

So können Tattoo-Studios auch noch helfen

Wenn du Tätowierer*in bist und dir eine Teilnahme an der Aktion mit kostenlosen Tattoos nicht vorstellen kannst, gibt es auch andere Möglichkeiten, um dich für das Thema Organspende einzusetzen. Beispielsweise kannst du dir kostenloses Infomaterial oder blanko Organspendeausweise hier auf der Website organspende-info.de bestellen.

Organspendeausweise für dich oder dein Studio bekommst du kostenlos bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Organspendeausweise für dich oder dein Studio bekommst du kostenlos bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

So hat es zum Beispiel das Team vom Bochumer Tattoo-Studio „Beechhouse“ gemacht. Sie haben sich für ihren Shop die Organspendeausweise als Plastikkarten bestellt, die im gängigen EC-Kartenformat kommen und bequem in jedes Portemonnaie passen. Bereits seit einigen Monaten liegen die kostenlosen Karten für ihre Kundschaft zum Ausfüllen und Mitnehmen bereit. Dieses freiwillige Angebot wird im Beechhouse auch sehr gut angenommen: „Unsere Kund*innen finden besonders die Plastikkarten gut, weil sie nicht so zerfleddern, wie der Organspendeausweis aus dünner Pappe, den man irgendwann mal wegen Unlesbarkeit aus dem Portemonnaie entsorgt hat, ohne sich um Ersatz zu kümmern. Das Bestellen der Karten ging auch richtig schnell und einfach. Man musste bei einer größeren Anzahl an Karten nur kurz angeben, wofür man sie braucht. Wenn man dann schreibt, dass man sie im eigenen Tattoo-Studio für seine Kundschaft auslegen will, reicht das aber auch als Begründung.“

Wer im Tattoo-Studio neben Einwilligungserklärung und kostenlosen Stickern also noch Platz auf dem Tisch hat, kann ganz einfach noch die kostenlosen Organspendeausweise bestellen und sie dazulegen!

Quellen

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