Dein Support für Feelfarbig 🖤Hi! Schön, dass dir unsere Arbeit gefällt. Unsere Recherchen und Beiträge sind stets unabhängig und für dich kostenlos. Damit das auch so bleiben kann, freuen wir uns über Vielen Dank! ✌️
Hautnah: Tattoos im Job
Eine ganz wichtige Frage zu Tattoos im Job: „Darf ich sie haben – und wenn ja, wo?“ Gerade bei dem ersten Vorstellungsgespräch tragen viele lieber langärmelig, weil Tattoos in der heutigen Gesellschafft immer noch die Meinungen spalten und von Vorurteilen geprägt sind. Vielleicht ist es aber auch genau das, was einem Arbeitgeber an dem Menschen gefällt? Fest steht: Sie können deinen Job positiv beeinflussen. Wie? Das liest du hier! Viereinhalb Fragen an ganze fünf Menschen.
Julie – 25, Erzieherin / Instagram
Besitzt du Tattoos im sichtbaren Bereich?
Julie: Ja, im Gesicht, an den Händen, Fingern, Armen, Beinen und im Nacken.
Musst du deine Tattoos bei der Arbeit verdecken?
Julie: Nein, dass muss ich nicht.
Wie handhabst du frische Tattoos auf der Arbeit?
Julie: Es ist meine eigene Verantwortung. Auf der Arbeit wird keine Rücksicht darauf genommen. Ich schütze mich, indem ich zum Beispiel Folie trage oder lange Kleidung. Mein Handtattoo habe ich extra im Urlaub stechen lassen, weil ich wusste, dass die Schwellung bei der Arbeit hinderlich wäre.
Wie finden die Kids und deine Kolleginnen oder Kollegen deine Tattoos?
Julie: Ich arbeite mit Kindern von zwei bis sechs Jahren. Im Umgang mit ihnen habe ich bisher nur positive Erfahrungen gesammelt. Die Tattos fungieren als Gesprächsöffner. Entweder, weil die Kinder Tattoos aus ihrer Familie kennen, oder weil sie noch nie welche gesehen haben und fragen, was das ist.
Im Vergleich zum Rest meines Kollegiums bin ich sehr stark tättowiert. Allerdings hat niemand je etwas Negatives darüber gesagt. Sie zeigen sich eher interessiert und sagen, es wäre zwar nichts für sie, aber zu mir passe es.
Ich muss auch mit meinem Arbeitgeber nicht besprechen, wo ich mich tätowieren lassen darf. Gesicht und Hände habe ich erst gemacht, als ich schon dort gearbeitet habe. Auch da war die Reaktion nur interessiert – selbst von Seiten meiner Chefin. Da ich auch eine leitende Position übernommen habe, arbeite ich noch enger mit Eltern zusammen und repräsentiere meine Kita in der Öffentlichkeit.
Manchmal habe ich dort das Gefühl, mir Respekt härter verdienen zu müssen – was durchaus aber auch an meinem Alter liegen kann. Von mir wird aufgrund meines äußeren Erscheinungsbildes nicht erwartet, diese Position inne zu haben. Des öfteren habe ich sogar im Nachhinein positives Feedback erhalten, denn einige hätten mir bestimme Dinge nicht zugetraut aufgrund meines „ersten Eindrucks“. Somit muss ich erstmal das Klischee widerlegen, bevor ich ernst genommen werde. Das liebe ich wiederum am Umgang mit Kindern. Denn wie bereits erwähnt: Sie haben keine Vorurteile und gehen sehr offen mit Tattoos um.
Simon – 22, Vans „off the wall“ / Instagram
Wo hast du Tattoos im sichtbaren Bereich?
Simon: Arm, Hals/Anfang Oberkörper
Musst du Tattoos in deinem Job bedeckt halten?
Simon: Nein, zum Glück nicht. So wie jetzt oder auch in der Vergangenheit hatte ich immer sehr tolerante Arbeitgeber und da ich für Vans arbeite, sind die Tattoos und der Ausdruck meines Ichs als kreatives Individuum eher etwas Positives, das die Marke und den Kundenstamm widerspiegelt.
Wie handhabst du es mit frischen Tattoos bei dir auf der Arbeit?
Simon: Da ich vorher nur in einem Büro ohne realen Kundenkontakt gearbeitet habe und nun eben in einem sehr tolerantem Umfeld angestellt bin, war dies nie ein großes Thema für mich. Am besten ist die Stelle unbedeckt und immer schön eingecremt.
Wie reagieren deine Kunden und Mitarbeiter auf deine Tattoos?
Simon: Ich werde oft von Kunden gefragt, wo ich meine Tattoos hab machen lassen und ob ich ihnen den Namen des Künstlers geben kann. Oft bekomme ich auch einfach nur Komplimente, häufig von anderen tätowierten/gepiercten Menschen. Negative Erfahrungen hatte ich bisher deswegen noch nie auf der Arbeit – bis auf ein zwei dumme Fragen, die mir aber schlichtweg in ein Ohr rein gehen und durch’s andere wieder raus.
Nadja – 23, Kinderkrankenschwester / Instagram
Wo hast du Tattoos im sichtbaren Bereich?
Nadja: Arme, rechts und links in den Ellenbeugen und am linken Oberarm.
Musst du deine Tattoos im Job verstecken?
Nadja: Nein, die Tattoos muss ich nicht verdecken.
Wie regelst du es mit frischen Tattoos bei dir auf der Arbeit?
Nadja: Mit frischen Tattoos darf man nicht arbeiten kommen, da es eine offene Wunde ist und somit eine potentielle Eintrittspforte für Erreger. Eine Möglichkeit wäre das Tattoo mit Suprasorb abzudecken, sodass die Folie die Wunde verschließt und Keime fernhält. Optimal ist das aber trotzdem nicht. Wir lassen unsere Tattoos also besser im Urlaub stechen.
Was sagen deine kleinen Patienten und Mitarbeiter zu deinen Tattoos?
Nadja: Die meisten Patienten reagieren positiv auf die Tattoos, da es fröhliche, bunte Motive sind. Oft kommt aber zum Beispiel die Frage auf, wie mir denn jetzt noch Blut abgenommen werden kann. Das nervt schon teilweise, aber im Großen und Ganzen kann ich mich nicht beschweren! :)
Ronja, 25 – Einzelhandel / Instagram
Besitzt du sichtbare Tattoos?
Ronja: Ja, an meinem Hals und beiden Händen – dort sowohl innen, als auch außen und an den Fingern.
Sollst du deine Tattoos bei der Arbeit verdecken?
Ronja: Nein, bei meiner jetzigen Arbeitsstelle sind alle total entspannt. Aber bei der Stelle davor musste ich leider aufgrund der Tattoos aufhören – weil ich sie nicht mehr bedecken konnte.
Wie läuft das mit frischen Tattoos in deinem Job?
Ronja: Ich spüle sie einfach zwei- bis dreimal am Tag mit Wasser ab, wenn es die Zeit zulässt, und creme sie danach mit sauberen Händen ein.
Wie reagieren Kunden und Arbeitskollegen auf deine Tattoos?
Ronja: Meine Kollegen finden es sehr interessant und fragen nach, warum ich mir zum Beispiel ein bestimmtes Motiv hab stechen lassen. Das machen übrigens auch viele Kunden. Allerdings gibt es aber auch Kunden, die ein Verkaufgespräch mit mir meiden und sich lieber eine/n untätowierte/n Verkäufer/in suchen.
Sina – 31, Erzieherin und Promoterin / Instagram
Wo hast du Tattoos im sichtbaren Bereich?
Sina: Auf beiden Unterarmen sowie auf dem rechten Oberarm. Auf einem Oberschenkel bin ich auch tätowiert, aber den sieht man ja nicht häufig.
Musst du deine Tattoos bedeckt halten?
Sina: Nein, in der Kita nicht. Als Promoterin muss ich sie jedoch manchmal bedecken. Je nach Kunde ist aber auch in dem Bereich ein tätowierter Körper durchaus erwünscht. Die Ansage war mal „authentische Persönlichkeiten, die Berlin widerspiegeln“! Gerade auf Einsätzen mit eher jungem Publikum – also zum Beispiel junge Radiosender, Konzerte und Festivals – können/dürfen/sollen Tattoos zu sehen sein (Klischee, Klischee). Ja, die Welt funktioniert scheinbar immer noch so!
Gestern habe ich beispielsweise auf einem kleinen Festival eine Promo-Aktion mit Klebe-Tattoos umgesetzt und die Besucher fanden es total toll, dass meine Kollegin und ich auch sichtbar an Armen und Beinen tätowiert waren – quasi passend zur Aktion.
Wie wir alle wissen, gibt es leider immer noch Bereiche, in denen Tattoos nicht gern gesehen sind. Ich hatte schon Jobs, wo ich ein langes Shirt tragen musste, um sie zu verdecken. Manche Kunden wollen, dass ihre Mitarbeiter oder Gesichter für die jeweilige Marke, so viel Leinwand wie möglich sind! Damit die Marke im Vordergrund steht, die man promotet und nicht die Persönlichkeit, die gerade dahinter steht. Leider alles schon erlebt! Dass es tatsächlich auch tätowierte Menschen gibt, denen Schokolade schmeckt, ist für manche wohl noch immer undenkbar. Generell suche ich mir aber eh Jobs und Arbeitgeber, die die Qualität meiner Arbeit nicht an meinem Äußeren messen.
Wie handhabt ihr frische Tattoos bei dir auf der Arbeit?
Sina: In der Kita sind frische Tattoos kein Problem – dort finden es alle spannend. Ich passe da nur immer sehr wegen möglicher Infektionen auf. Vor Promo-Einsätzen mit neuen Kunden oder generell vor langen Einsätzen, würde ich mir wahrscheinlich kein frisches Tattoo stechen lassen. Schon allein wegen dem Stress und der Versorgung. Es soll ja auch vernünftig abheilen können. Gestern für Radio Fritz war es aber zum Beispiel kein Stress mit einem frischen Tattoo und kurzer Hose zu arbeiten.
Was sagen Kunden und Arbeitskollegen zu deinen Tattoos?
Sina: Ich bin ja gelernte Erzieherin und hab schon in vielen verschiedenen Gruppen gearbeitet. Bisher hatte ich in meinem sozialen Berufsfeld noch keine Probleme mit meiner bunten Haut. Eltern, Kinder und Kollegen sind meist interessiert an den Tattoos und „bestaunen“ diese. Vor allem aber die Kids sind fasziniert von der Haltbarkeit, wollen sie anfassen und oft genauer angucken. Sie fragen auch oft interessiert, wie die Farbe in die Haut kommt. Eins meiner Tattoos wurde sogar schon einmal ausgemalt! Negativ reagieren nur die Promo-Kunden, die Angst davor haben, dass ihr Produkt nicht mehr primär im Vordergrund stehen würde.
Ob man nun seine Vorliebe für Tattoos von seinem Job abhängig macht oder den Job nach den Tattoos richtet: In jedem Fall gibt es genug Arbeitgeber, die dir – egal in welchem Bereich – keinen Strich durch die Rechnung machen. Letzendlich ist es meistens die persönliche Einstellung der Arbeitgeber und/oder die gewollte Außenwirkung des Unternehmens. Es sollte sich niemand in seiner Individualität einschränken müssen, um ein Teil der Arbeitswelt zu sein. Wir alle haben nur das eine Leben und somit vor allem das Recht, es so bunt oder so schwarz wie möglich gestalten zu können. Ob Blackwork, Oldschool oder Neotraditional, ob ein Portrait von der Oma oder der Katze: Solange dein Körper keine rassistischen oder feindlichen Motive gegenüber anderen Individuen darstellt, sollte immer die Persönlichkeit im Mittelpunkt stehen – und man auch nur anhand dieser beurteilt werden.