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Wie deine Atmung den Tattoo-Schmerz beeinflussen kann
Für die meisten ist es wahrscheinlich nur ein Reflex, über den sie selten bewusst nachdenken: das Atmen. Die Atmung ermöglicht uns den lebensnotwendigen Gasaustausch. Wir nehmen so Sauerstoff auf, der dann ins Blut übertreten kann und atmen Kohlenstoffdioxid (CO2) aus. Dabei steht vor allem ein Muskel im Vordergrund: das Zwerchfell. Diese einzigartige Muskel-Sehnen-Platte liegt zwischen Brust- und Bauchhöhle und grenzt die beiden voneinander ab.
Was passiert beim Atmen eigentlich?
Es gibt zwei verschiedene Typen von Atmung: die Bauch- und die Brustatmung. Diese beiden nutzen wir normalerweise völlig unbewusst in Kombination miteinander, um ein- und auszuatmen. Während bei der Bauchatmung das Zwerchfell im Vordergrund steht, ist für die Brustatmung die äußere Zwischenrippenmuskulatur verantwortlich.
Beim Einatmen zieht sich das Zwerchfell zusammen und die Rippen werden angehoben. Dadurch entsteht ein Unterdruck, der für die Ausdehnung der Lunge und das Einsaugen von Luft sorgt. Beim Ausatmen entspannt sich das Zwerchfell wieder und die Rippen senken sich. Dabei zieht die Lunge sich zusammen und stößt die Luft wieder heraus.
Einmal tief durchatmen – entspannt das wirklich?
Gezieltes Atmen kann sich sowohl auf Körper als auch Psyche auswirken. Was genau eine bestimmte Atemtechnik bewirken kann, wurde zum Beispiel in einer 2012 veröffentlichten Studie untersucht.
Beim Slow and Deep Breathing (SDB), dem langsamen und tiefen Atmen, sollten die Teilnehmer*innen der Studie sich voll und ganz auf ihre Atmung konzentrieren. Dazu erhielten sie genaue Anweisungen, um eine gleichmäßige Atmung aller zu erzielen. Ziel war eine konstante, langsame und tiefe Zwerchfellatmung, wobei siebenmal in der Minute ein- und ausgeatmet wurde. Wichtig war es, dass die Teilnehmer*innen nicht die Luft anhielten, sondern wirklich langsam und tief atmeten.
Beeinflusst gezieltes Atmen das Schmerzempfinden?
Im Rahmen der Studie untersuchte man den Einfluss der SDB-Atemtechnik auf das Schmerzempfinden der Teilnehmer*innen. Zunächst testete man dafür im Vorfeld die Schmerzgrenzen aller Teilnehmer*innen mithilfe von Wärme- und Kältereizen aus. Nach dieser Untersuchung folgte dann die angeleitete Atmung, welche 3 x 5 Minuten des Slow and Deep Breathings beinhaltete. Danach wurden erneut die Schmerzgrenzen der Teilnehmer*innen bestimmt.
Tatsächlich wurde in dieser Studie eine Erhöhung der Schmerzgrenze nach der SDB-Anwendung festgestellt. Ob dies nun an der aus der Atmung resultierenden Entspannung oder der Atemtechnik selbst lag, kann nicht gesagt werden. Daher vermuten die Autor*innen, dass die Entspannung einen essentiellen Teil des Effekts auf die Schmerzwahrnehmung ausmacht.
Bringt Slow and Deep Breathing etwas?
Einige Forscher*innen vermuten, dass SDB sich über Veränderungen des Blutkreislaufs indirekt auf das Schmerzempfinden auswirkt. In mehreren Studien zum Thema konnte ein Zusammenhang zwischen Slow and Deep Breathing und einer verringerten Schmerzwahrnehmung festgestellt werden. Doch wie genau bestimmte Atemtechniken dafür sorgen, dass wir Schmerz als weniger schlimm empfinden, ist noch nicht klar.
Übt das Atmen!
Das Üben einer bewussten und gezielten Atmung sollte nicht unterschätzt werden! Besonders bei Tätowierungen im Bauch-, Brust- oder Rippenbereich ist eine ruhige Atmung die ultimative Grundlage. Denn gerade bei diesen Stellen neigen viele dazu, ihre Muskeln zu verkrampfen und die Luft anzuhalten, wodurch für den Körper zusätzlicher Stress entsteht. Dieser Stress kann dazu führen, dass man die Schmerzen beim Tätowieren als intensiver wahrnimmt.
Es wurde bereits mehrfach beschrieben, dass meditative Atemübungen eine positive Auswirkung auf Körper und Psyche haben können. Bestimmte Atemtechniken können dabei helfen, Stress zu reduzieren und aufkommende Panik zu mindern. Ein Beispiel dafür ist die im Yoga verankerte Atemtechnik „Sudarshan Kriya“, bei der rhythmisch und kontrolliert geatmet wird. Doch neben dieser gibt es noch zahlreiche weitere Atemtechniken, die Entspannung herbeiführen können. Wer sich eine persönliche Anleitung zum „richtigen“ Atmen wünscht, kann beispielsweise in einem Yoga- oder Pilates-Kurs erste Hilfe finden.
Was außerdem das Schmerzempfinden mindern kann, sind Entspannung, Ablenkung vom Schmerz sowie die Erwartung an den Schmerz. Daher ist es wichtig, sich vor dem Tätowieren sowohl mental als auch körperlich bestens vorzubereiten. Entspannung und Stressvermeidung stehen neben ausreichend viel Schlaf und einer ausgewogenen Mahlzeit an oberster Stelle. Also versucht stets euch möglichst nicht auf den Schmerz zu konzentrieren und atmet tief durch!
• Busch et al. (2012) The Effect of Deep and Slow Breathing on Pain Perception, Autonomic Activity, and Mood Processing-An Experimental Study. Pain Medicine vol: 13 (2) pp: 215-228.
• Carter et al. (2016) Breath-based meditation: A mechanism to restore the physiological and cognitive reserves for optimal human performance. World journal of clinical cases vol 4 (4) pp: 99-102.
• Jafari et al. (2017) Pain and respiration: A systematic review. Pain vol: 158 (6) pp: 995-1006.
• Zope et al. (2013) Sudarshan kriya yoga: Breathing for health. International journal of yoga vol: 6 (1) pp: 4-10.