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Warum wir aufhören müssen uns an beschissenen Tattoos aufzugeilen
„Schickt uns beschissene Tattoos. Her mit euren Gurken!“ – das Printmagazin Copycat sucht mal wieder die schlimmsten tätowierten Werke. Aber auch in der restlichen Medienlandschaft ist das Thema sehr beliebt. Selbst Radios küren mittlerweile „das schlechteste Tattoo Deutschlands“.
Stopp, stopp, STOPP! Hört doch endlich auf mit diesem Mist.
Es ist nicht toll beschissene Tattoos auf sich zu tragen
Niemand, der ernsthaft unzufrieden mit einem Tattoo ist, macht darüber Späße. Außer vielleicht als Bewältigungsstrategie. Andere nehmen es vielleicht gelassener, aber auch unter denen ist niemand wirklich stolz darauf.
Das Problem am ewigen Lustigmachen über schlechte Tattoos ist aber ein viel größeres als nur das der Betroffenen.
In den letzten Jahren wurden Tattoos immer beliebter. Deshalb springen natürlich auch viele Medien auf den Zug auf und wollen das Thema zu Geld machen. Wenn man aber nicht so wirklich Ahnung von der Materie hat, funktioniert der Clickbait-Journalismus leider am besten durch eines: Polarisieren.
Und wenn man einmal zum Privatfernsehen rüberschaut, lernt man auch schnell den besten Weg dahin. Denn nichts funktioniert besser, als sich über andere lustig zu machen. Dschungelcamp, Big Brother, Frauentausch und aktuell das „Sommerhaus der Stars“. Wenn ich mich über jemanden lustig machen kann, geht es mir selbst besser und ich fühl ich mich einfach geiler. So funktionieren wir Menschen nun mal.
Haben wir das nötig?
Aber brauchen wir diesen Quatsch wirklich in der Tattooszene? Werden Tattoos nicht schon zur Genüge verarscht? Es wäre alles keine große Sache, wenn Tattoos nicht sowieso im Allgemeinen eher belächelt werdet würden. Doch genau hier liegt das Problem.
Denn schon alleine deshalb, weil es viele deutsche Medien immer noch nicht schaffen, zwischen schwarzen Schafen und professionellen Künstler*innen zu unterscheiden, müssen wir das Feuer doch nicht auch noch weiter schüren? Das kann das Privatfernsehen und der Rest der Medienlandschaft nämlich gut ohne uns, indem es weiterhin zu 5 % von Tattoo Kunst und zu 95 % von Fehltritten, Horrortattoos und „Gurken“ berichtet.
Auch jede*r Tätowierer*in leidet darunter
Aber nicht nur Tattoos werden belächelt, sondern auch jede*r Künstler*in der Szene. Das ist auch einer der Gründe, warum sogar professionelle Tätowierer*innen oft nicht ernst genommen werden und ihnen zum Beispiel die Aufnahme in die Künstlersozialkasse verweigert wird.
Doch wer kann es der Kasse auch verübeln? Wenn man tagtäglich „die schlimmsten Tattoos Deutschlands“ in den sozialen Medien und sogar in Tattoomagazinen(!) sieht, fällt es nun mal nicht leicht Tätowierer*innen und ihre Arbeit ernst zu nehmen.
Warum hören wir also nicht auf damit uns selbst zu schaden und berichten mehr über Kunst statt Fehltritte? Über Künstler*innen statt über Leute, die sich in China für unter 50 Euro ein „Tattoo Starter Set“ kaufen und damit die Haut und das Selbstvertrauen vieler Menschen versauen?
Wir sind selbst dafür verantwortlich, ob man die Kunstform des Tätowierens irgendwann ernst nimmt oder weiterhin belächelt. Für was entscheiden wir uns?